Abschnitt XX. Gründung neuer Ansiedelungen. 1075
Wohnhaus?) errichten oder ein schon vorhandenes Gebäude zum Wohnhause
einrichten will, bedarf einer von der Ortspolizeibehörde zu ertheilenden An-
siedelungsgenehmigung. Vor deren Aushändigung darf die polizeiliche Bau-
erlaubniß nicht ertheilt werden?).
Die Ansiedelungsgenehmigung ist nicht erforderlich für Wohnhäuser, welche
in den Grenzen eines nach dem Gesetz vom 2. Juli'l875 festgestellten Bebauungs-
plans, oder welche auf einem bereits bebauten Grundstücke im Zusammenhanges)
mit bewohnten Gebäuden errichtet oder eingerichtet werden sollen.
§. 14. Die Ansiedelungsgenehmigung ist zu versagen, wenn nicht nachge-
wiesen ist, daß der Platz, auf welchem die Ansiedelung gegründet werden soll,
durch einen jederzeit offenen Weg) zugänglich, oder daß die Beschaffung eines
solchen Weges gesichert ist. Wenn nur der letztere Nachweis erbracht werden
kann, so ist bei Ertheilung der Ansiedelungsgenehmigung für die Beschaffung
des Weges eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablaufe das polizeiliche
Zwangsverfahren eintritt.
§. 15. Die Ansiedelungsgenehmigung kann versagt werden, wenn gegen
die Ansiedelung von dem Eigenthhmer, dem Nutzungs= oder Gebrauchsberechtigten
oder dem Pächter eines benachbartens) Grundstücks oder von dem Vorsteher
des Gemeinde-(Guts-) Bezirks, zu welchem das zu besiedelnde Grundstück ge-
hört, oder von einem der Vorsteher derjenigen Gemeinde-(Guts-) Bezirke, an
welche dasselbe grenzt, Einspruch erhoben und der Einspruch durch Thatsachen")
––
Zu Anmerkung 2 auf S. 1074.
große Zahl seiner Bewohner eine Neuordnung der Gemeinde--, Kirchen- und Schul-
Sbg nöthig macht, ist eine Kolonie, Erk. O. B. G. 18. Febr. 1890 (Pr. V.
Bl. XA. . ·
Auch wenn die Entfernung der neuen Ansiedelung von der Ortschaft nicht größer
ist, als zwischen den einzelnen Wohnplätzen im Dorfe, und wenn die Ausfüllung der
Lücke in absehbarer Zeit möglich ist, liegt die Ansiedelung nicht ohne Weiteres inner-
halb einer im Zusammenhange gebauten Ortschaft, E. O. V. XIX. 400.
1) Die Ertheilung der Ansiedelungsgenehmigung ist auch für die Wohnhäuser
der Eisenbahnwärter und deren Familien erforderlich. Die Genehmigung darf nicht
aus dem Grunde versagt werden, weil die Ansiedelung den Schutz der Nutzungen
benachbarter Grundstücke aus dem Feld= oder Gartenbau, aus der Forstwirthschaft,
der Jagd boder der Fischerei gefährden könnte, Erk. O. V. G. 25. Juni 1879 (E. O.
V. V. 292).
2) Neben der Anfiedelungsgenehmigung, vor deren Ertheilung auch geprüft
werden soll, ob das Grundstück sich zur Bebauung eignet, ist auch der polizeiliche
Bankonsens erforderlich, E. O. V. VII. 317. Letzterer ist zu versagen, wenn erstere
nicht vorliegt. Vergl. E. O. V. VII. 332; VIII. 352; XVII. 437. Im Uebrigen
sind die baupolizeilichen Erfordernisse durchaus unabhängig zu prüfen. Ist die Bau-
erlaubniß trotz Fehlens der erforderlichen Ansiedelungsgenehmigung ertheilt, so ist dem
Bauherrn deren Nachsuchung aufzugeben und einstweilen der Bau oder seine Benutzung
ev. zwangsweise zu sistiren. Vergl. E. O. V. XXII. 381.
) Begriff: E. O. V. Xl. 364.
*) Ein Privatweg genügt, auch die Schutzstreifen an der Eisenbahn sind „jeder
Zeit offene“ Zugangswege, E. O. V. V. 392; XVII. 322; XXIX. 230.
5) Benachbarte Grundstücke sind nicht ausschließlich die unmittelbar angrenzen-
den, E. O. V. VIII. 351.
6) Der Kreis der „Thatsachen“, welche hierbei in Betracht gezogen werden
können, ist im Gesetze nicht besonders begrenzt. Sie können den Eigenschaften des
Grundstückes, welches bebaut werden soll (Lage, Größe), und dem Bauprojekte wie
auch den persönlichen Eigenschaften dessen, der bauen will, bezw. für den gebaut
werden soll, entnommen werden, (E. O V. III. 323; V. 392; VI. 330 und 335;
XIX. 402; die betheiligten öffentlichen und privaten Interessen sind sachgemäß abzu-
wägen. Auf bloße Vermuthungen können die Einsprüche nicht begründet werden; E.
O. B. V. 397; XIX. 393; XXV. 396.
Die Motive zum Gesetz besagten: „Die Uebelstände, welche das Ges. 3. Jan.
1845 bei Beschränkung der von Ortschaften fern gelegenen Ansiedelungen zu treffen
beabsichtigt, bestehen hauptsächlich in der Gefahr für die benachbarten Felder und
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