Abschnitt XX. Gründung neuer Ansiedelungen. 1077
AXIIE Genehmigung auf Grund des 8. 14 oder auf
Grund erhobener Einsprüche (§. 15), sowie die Zurückweisung der gegen die
Ansiedelungsgenehmigung erhobenen Einsprüche erfolgt durch einen Bescheid?)
der Ortspolizeibehörde, welcher mit Gründen zu versehen und dem Antrag-
steller, sowie denjenigen, welche Einspruch erhoben haben, zu eröffnen ist.
Gegen den Bescheid steht dem Antragsteller, sowie denjenigen, welche Ein-
spruch erhoben haben, innerhalb einer Präklusivfrist von 2 Wochen?) nach Zu-
stellung des Bescheides, den Tag der Zustellung ungerechnet, die Klage im
Verwaltungsstreitverfahren offen.
Zuständig ist der Kreisausschuß, in Stadtkreisen der Bezirksausschuss).
§. 18. Wer außerhalb einer im Zusammenhange gebauten Ortschaft eine
Kolonies) anlegen will, hat dazu die Genehmigung des Kreisausschusses, in
Stadtkreisen der Ortspolizeibehörde zu beantragen. Mit dem Antrage ist ein
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Zu Anmerkung 4 auf S. 1076.
dahingehende Absicht des Antragstellers aus der Eingabe und den weiteren Erklärungen
deutlich erhellt, E. O. V. XVII. 439.
Ueber das Parteiverhältniß vergl. E. O. V. IV. 379; V. 403; VI. 331; VIII.
349; X. 328; XIV. 57; XVIII. 236.
Ist das Verfahren aus §. 16 nicht oder nicht gehörig beobachtet, so kann deshalb
die Ansiedelung nicht zwangsweise beseitigt werden, zumal der Mangel täglich behoben
werden kann, E. O. V. XXVI. 372.
1) Gemäß Erk. 21. Sept. 1881 (E. O. V. VIII. 353) kann ein endgültig ab-
gelehntes Anfiedelungsgesuch wiederholt werden.
2) Bei Eröffnung des die Ansiedelungsgenehmigung versagenden oder Einsprüche
zurückweisenden Vorbescheides (§. 17) sind die Betheiligten über das ihnen zustehende
Rechtsmittel, die Frist zur Einlegung desselben und die Folgen der Versäumniß,
zu belehren- Dies ist auch in den Provinzen Posen und Westfalen zu beachten,
+. 16 Instr.
) Vergl. Anm. 3 auf S. 1076.
4) §. 153 L. V. G.
5) Die Motive der Regierungsvorlage umschreiben die Anlegung der Kolonien
mit den Worten: „Errichtung einer größeren Anzahl von Ansiedelungen in räumlichem
Zusammenhange"“.
Bei der Gründung von Kolonien muß den berechtigten Interessen der Gemeinde-,
Kirchen= und Schulverbände Genüge geleistet werden. Die Entscheidung darüber,
ob die Ertheilung der Genehmigung zur Anlegung einer Kolonie von vorgängiger
Regelung der Gemeinde-, Kirchen= und Schulverhältnisse abhängig gemacht werden
soll oder ob ein Bedürfniß dazu nicht besteht, gebührt nicht den Verwaltungsgerichten.
Für die Unterscheidung zwischen Kolonien und Einzelansiedelungen ist es
nicht maßgebend, ob die Wohnräume, welche neu geschaffen worden, nach der Gebäude-
Konstruktion unter ein Dach gebracht oder in mehrere gesonderte Häuser vertheilt
werden; vielmehr kommt vor Allem die Zahl, der Umfang und die Bestimmung der
Wohnungsräume in Betracht, da es in erster Stelle die Menge der Steuerzahlenden
ist, nach welchem sich die Zulänglichkeit der bestehenden Gemeinden 2c. Anstalten
bemißt, Erk. 29. Juni 1885 (E. O. V. XII. 371). (In casu handelte es sich um
den Bau einer Arbeitermenage, welche in einem einzigen Gebäude Wohnungsräume
für die Familie des Menagevorstehers und für einhundert Arbeiter erhalten sollte.
Das Oberverwaltungsgericht entschied, daß das Etablissement den Charakter einer
Kolonie im Sinne des §s. 18 Ges. 25. Aug. 1876 habe.) Vergl. E. O. V. III. 318;
XI. 361; XIX. 395; XXII. 387; XXIX. 412. Dadurch, daß durch die Ansiede-
lungen eine Neuordnung der Gemeinde-, Kirchen= und Schulverhältnisse nöthig werden
wird, ist noch nicht dargethan, daß eine Kolonie entsteht, besonders wenn die Zahl
der neuen Einwohner im Verhältniß zur gesammten Einwohnerzahl des Ortes gering
ist, E. O. V. XIX. 405. Auch die Zweckbestimmung der Ansiedelungen entscheidet
nicht, um eine Kolonie anzunehmen, E. O. V. XXIV. 387; ein einzelnes Wohnhaus
für vier Arbeiterfamilien kann als Kolonie nicht bezeichnet werden, auch wenn da-
durch eine Neuregelung der Kirchen-, Schul- und Gemeindeverhältnisse nöthig wird,
E. O. V. XXV. 396.