Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1114 Abschnitt XXII. Eisenbahn-Gesetz. 
S. 35. In Streitsachen zwischen Eisenbahn-Gesellschaften und Privat- 
personen wegen Anwendung des Bahngeld- und Frachttarifs entscheidet der 
ordentliche Richter #). 
§. 36. Die aus dem Postregale entspringenden Vorrechte des Staats, an 
festgesetzten Tagen und zwischen bestimmten Orten, Personen und Sachen zu 
befördern, gehen, soweit es für den Betrieb der Eisenbahnen nöthig ist, die in 
jenem Regale enthaltene Ausschließung des Privatgewerbes aufzugeben, auf 
dieselben über, wobei der Postverwaltung die Berechtigung vorbehalten bleibt, 
die Eisenbahnen zur Beförderung von postmäßigen Versendungen unter den 
nachfolgenden näheren Bestimmungen zu benutzen?: 
1. Die Gesellschaft ist verpflichtet, ihren Betrieb, soweit die Natur desselben 
es gestattet, in die nothwendige Uebereinstimmung mit den Bedürfnissen 
der Postverwaltung ) zu bringen. 
2. Sie übernimmt ferner den unentgeltlichen Transport der Briefe, Gelder 
und aller anderen dem Postzwange unterworfenen Güter. 
3. Sie übernimmt ferner den unentgeltlichen Transport derjenigen Post- 
wagen, welche nöthig sein werden, um die der Post anvertrauten Güter 
zu befördern. 
4. Findet es die Postverwaltung nöthig, der Gesellschaft Reisende zur Be- 
förderung zu überweisen, so ist die Gesellschaft verpflichtet, dieselben vor- 
zugsweise vor anderen Personen auf derjenigen Klasse von Bahnwagen, 
die dazu von der Post für immer bestimmt werden sollen, gegen Ent- 
richtung des gewöhnlichen Personengeldes dieser Wagen, zu befördern. 
5. Die Gesellschaft ist verpflichtet, die mit Post-Freipässen versehenen Per- 
sonen unentgeltlich zu befördern, vorausgesetzt, daß diese nur einen Theil 
ihrer Reise auf der Eisenbahn, einen andern Theil aber mit gewöhn- 
lichem Postfuhrwerk zurücklegen. 
6. Wird der regelmäßige Postbetrieb auf einer Eisenbahn dergestalt durch 
die Schuld der Gesellschaft unterbrochen, daß die Postverwaltung ihren 
Betrieb einstweilen durch andere Anstalten zu besorgen genöthigt wird, 
so ist die Gesellschaft zum Ersatz des hierdurch veranlaßten Kostenauf- 
wandes verpflichtet. 
§. 37. Wird eine Konkurrenz im Transport auf der Eisenbahn verstattet 
(5. 27), so sind die Konkurrenten gegen die Post zu denselben Leistungen ver- 
pflichtet, wie die ursprünglichen Unternehmer (§F. 36). Für die angemessene 
Vertheilung dieser Lasten unter den verschiedenen Unternehmern ist bei Erthei- 
lung der Konzession Bedacht zu nehmen. 
§. 38. Von den Eisenbahnen ist eine Abgabe") zu entrichten, welche im Ver- 
hältnisse des auf das gesammte Aktien-Kapital, nach Abzug aller Unterhaltungs- 
1!) §. 159 Zust. Ges. 
*!) Das Verhältniß zwischen den Eisenbahnen und der Reichspostverwaltung 
richtet sich jetzt nach Ges. 20. Dez. 1875 (R. G. Bl. S. 318), Ausf. Bek. 9. Febr. 
1876 (C. Bl. d. D. R. S. 87), 9. Mai 1878 (C. Bl. d. D. R. S. 261) und 
24. Dez. 1881 (C. Bl. d. D. R. 1882 S. 4). 
Kleinbahnen sind zur Mitnahme eines Postbeamten oder von Postsendungen 
gegen ermäßigtes Fahrgeld verpflichtet, §. 42 Ges. 28. Juli 1892 (G. S. S. 225) 
weiter unten. 
3) Wenn das Kal. Ministerium auf Grund und nach Maßgabe des §. 36 Nr. 1 
eine Eisenbahn-Gesellschaft anhält, ihren Fahrplan anderweitig zu reguliren, um so ihren 
Betrieb in die nothwendige Uebereinstimmung mit den Bedürfnissen der Postverwaltung 
zu bringen, so ist der Staat nicht verpflichtet, der Gesellschaft den ihr dadurch etwa 
erwachsenen Schaden noch besonders zu vergütigen, Erk. O. Trib. 7. Sept. 1855 
(E. XXXI. 109). Jetzt entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Post- und 
Eisenbahnverwaltung, soweit die Postverwaltung sich bei dem Ausspruch der Landes- 
aufsichtsbehörde nicht beruhigt, der Bundesrath nach Anhörung der Reichspostverwaltung 
und des Reichseisenbahnamtes. 
4) Die Besteuerung der Eisenbahnen erfolgt in Gemäßheit der Ges. 30. Mai 
1853 (G. S. S. 449), 21. Mai 1859 (G. S. S. 243) und 16. März 1867 (G. S. 
S. 465), welche durch Ges. 22. Sept. 1867 (G. S. S. 1639) in den neuen Pro- 
 
	        
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