Abschnitt XXIV. Entwässerungsanlagen. 1201
Gesetz') vom 14. Juni 1859 (G. S. S. 325) wegen Verschaffung
der Vorfluth in den Bezirken des App. Gerichtshofes zu Köln und
des Instizsenates zu Ehrenbreitstein, so wie in den Hohenzollernschen
Landen.
(Wegen der mit lateinischer Schrift gedruckten abändernden Bestimmungen vergl.
88. 66 ff. Zust. Ges.)
Erster Abschnitt.
Gemeinsame Bestimmungen.
§. 1. In den Bezirken des Appellationsgerichtshofes zu Köln und des
Justizsenates zu Ehrenbreitstein, so wie in den Hohenzollernschen Landen, kann
jeder Eigenthümer, welcher sein Grundstück entwässert, oder Teiche und Seen
ablassen will, in Fällen des überwiegenden Landeskultur-Interesses verlangen,
daß ihm gegen vollständige Entschädigung das Servitutsrecht eingeräumt wird,
das Wasser von seinem Boden in offenen Gräben oder bedeckten Kanälen (Röhren)
durch fremde Grundstücke, welche sein Grundeigenthum von einem Wasserlaufe
oder einem anderen Abflußwege trennen, auf seine Kosten abzuleiten oder zu
diesem Ende vorhandene Gräben und Fließe zu erweitern und zu vertiefen.
§. 2. Die Entwässerungsanlage darf nur an der Stelle des belasteten
Grundstücks ausgeführt werden, wo sie dem Eigenthümer desselben, unbeschadet
ihres Zweckes, am wenigsten lästig ist. Durch Gebäude, nebst den damit in
Verbindung stehenden Hofräumen kann das Recht (§. 1) gar nicht, durch Gärten
und eingeschlossene Parkanlagen nur mittelst bedeckter Kanäle oder Röhren aus-
eübt werden, insoweit es sich nicht bloß um Erweiterung und Vertiefung vor-
hondener offener Gräben und Fließe handelt.
Einer vorhandenen gLewerblichen Anlage darf durch die Entwässerungs-Anlage
das zum Betriebe des Werkes in dem bisherigen Umfange nothwendige Wasser
nicht entzogen werden.
Eine Abänderung gewerblicher Anlagen, wodurch ihr Betrieb in dem bis-
berißen uun-ange in anderer Weise möglich gemacht wird, muß sich der Besitzer
gefallen lassen.
§. 3. Der Eigenthümer des von der Entwässerungs-Anlage durchschnittenen
Grundstücks kann deren Mitbenutzung in Anspruch nehmen. Dasselbe Recht steht
inter den Bedingungen des §. 1 auch den Eigenthümern benachbarter Grund-
stücke zu.
Wer die Mitbenutzung in Anspruch nimmt, muß einen verhältnißmäßigen
Beitrag zu den Kosten der Anlage und Unterhaltung, insoweit er Nutzen davon
zieht, leisten, und die Kosten der in seinem Interesse etwa erforderlichen Ab-
änderung der Anlage allein tragen.
Wenn die Servitut später den Eigenthümer des belasteten Grundstücks an
nützlichen Verbesserungen hindert, oder ihn sonst mehr als Anfangs belästigt,
so kunn derselbe eine Verlegung der Anlage an eine andere Stelle auf seine
Kosten vornehmen, falls dadurch die Ausübung der Servitut nicht wesentlich
erschwert wird.
1) Die Frage, ob der Provokant eines Vorfluths-Verfahrens nach Ges. 14. Juni
1859 in jedem Falle ein öffentliches Aufgebot nebst Präklusion nach Ges. 23. Jan.
1846 ertrahiren müsse — ist zu verneinen. Die Unternehmer von Entwässerungs-
anlagen sind befugt, aber nicht verpflichtet, die Vermittelung der Polizeibehörde
zur Feststellung privatrechtlicher Widerspruchs= und Entschädigungsansprüche zu be-
antragen und die Kompetenz der Kreis- (Stadt-) Ausschüsse soll nur eintreten, wenn
ein öffentliches Aufgebot extrahirt ist, Res. 13. Mai 1861 (M. Bl. S. 111).
Rh. Ruralges. 28. Sevt. 1791; Sigmaringensche Mühlen-Ordn. 8. Nov. 1840
(G. S. 1859 S. 330).
Illing-Kautz, Handbuch I. 7. Aufl. 76