Abschnitt XXVI. Rural-Gesetz. 1267
soll nur an denjenigen Orten Statt haben, wo es sich auf einen besonderen
Rechtstitel gründet, oder durch das Gesetz, oder einen von undenklichen Zeiten
her bestehenden Lokal-Gebrauch autorisirt wird, und mit dem Bedinge, daß die
Stoppelweide daselbst nicht anders ausgeübt werde, als gemäß der Orts-
Gebräuche und Regeln, welche den in den folgenden Artikeln des gegenwärtigen
Abschnittes angegebenen Ausnahmen nicht zuwiderlaufen dürfen.
Art. 4. Das Recht, seine Güter einzuschließen und zu öffnen, ist eine
wesentliche Folge des Eigenthums-Rechtes, und kann keinem Eigenthümer
streitig gemacht werden. Die Nationalversammlung schafft alle Gesetze und
Gebräuche ab, welche diesem Rechte etwa entgegenstehen.
Art. 5. Das Recht der Koppelweide und das einfache Recht der Stoppel-
weide kann in keinem Falle die Eigenthümer hindern, ihre Güter einzuschließen;
und so lang ein Gut auf die, im nächsten Artikel bestimmte Art eingeschlossen
sein wird, kann es keinem der beiden obigen Rechte unterworfen werden.
Art. 6. Ein Gut wird als geschlossen angesehen, wenn es mit einer vier
Schuhe hohen Mauer, nebst Schlagbaum oder Thüre, umgeben ist, oder wenn
es durchgehends mit Pallisaden oder Gitterwerken versehen und eingefaßt ist,
oder aber mit einem grünen oder todten Zaune, der aus Pfählen besteht, oder
aus Baumzweigen geflochten, oder auf jede andere Art, wie man die Zäune
an jedem Orte zu ziehen pflegt, verfertigt ist, oder endlich, wenn es mit einem
Graben umgeben ist, der an der Oeffnung wenigstens vier Schuhe breit und
zwei Schuhe tief ist.
Art. 7. Die Einschließung befreit ebenfalls von dem Rechte der Stoppel-
weide, die unter Privatleuten wechselseitig oder nicht wechselseitig Statt hat,
wenn dieses Recht nicht auf einen Titel gegründet ist. Alle diesem zuwider-
laufende Gesetze und Gebräuche sind abgeschafft.
Art. 8. Unter Privatleuten sollen alle und jede Rechte der Stoppelweide,
die auf einen Titel gegründet sind, selbst in den Gehölzen, auf das Gutachten
von Sachverständigen, loskäuflich sein, nach Verhältniß des Nutzens, den der
Rechtsbesitzer daraus ziehen konnte, im Falle das Recht nicht wechselseitig war:
oder aber nach Verhältniß des Nachtheiles, der einem oder dem Andern von
den Eigenthümern durch den Verlust des wechselseitigen Rechtes, falls ein
solches bestand, zugezogen würde; in allen diesen Fällen soll jedoch das Recht
der Grenzenbestimmung (cantonnement) in Ansehen sowohl der Privatpersonen,
als der Gemeinheiten, das durch den 8. Art. des Dekrets vom 17., 19. und
20. September 1790 bestätigt worden ist, in nichts geschmälert werden.
Art. 9. In keinem Falle und zu keiner Zeit kann das Recht der Koppel-
oder Stoppelweide auf künstlichen Wiesen!) ausgeübt werden; auch darf es auf
keinem besäeten oder mit irgend welchen Erzeugnissen bedeckten Felde eher Statt
haben, als bis die Erndte vorüber ist.
Art. 10. Ueberall wo die natürlichen Wiesen der Koppelweide oder der
Stoppelweide unterworfen sind, sollen diese einstweilen nur zu der, durch die
Gesetze und Gebräuche erlaubten Zeit Statt haben, und niemals, so lang das
erste Gras nicht eingethan ist.
Art. 11. Das jedem Eigenthümer zustehende Recht, seine Güter einzu-
schließen, findet Statt, selbst in Rücksicht der Wiesen, in den Kirchspielen, in
denen sie, ohne Eigenthumstitel bloß durch den Gebrauch, allen Einwohnern
gemeinschaftlich werden, es sei nun unmittelbar nach der Erndte des ersten
Grases oder zu einer anderen bestimmten Zeit. ·»·
Art. 12. In den Gegenden, wo die Koppel= oder die Stoppelweide üblich
1) Im Sinne des Art. 9 sind unter künstlichen Wiesen Ackerfelder zu ver-
stehen, die mit Klee oder sonstigen Futterkräutern bestellt sind, Erk. Rh. A. G. O.
23. Mai 1847 (Rh. A. XI.V. I. 255), resp. Grundstücke, auf denen der Kräuter-
und Graswuchs durch die Industrie des Besitzers überwiegend beschafft, nicht aber
nur durch Düngung und Bewässerung gefördert wird, Erk. Rh. A. G. H. 4. Dez.
1360 (Rh. A. I,V. 1. 227). Vergl. §. 71 Nr. 1 Feld- und Forstpolizei-Ges.
1. April 1880.
80“