Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1280 Abschnitt XXVI. Feld= und Forstpolizei-Gesetz. 
Tagen wird der Hirtt) bestraft, welcher das ihm zur Beaussichtigung anver- 
taute — ohne Aufsicht oder unter der Aufsicht einer hierzu untüchtigen 
erson läßt. 
§. 13. Die Ausübung der Nachtweide, des Einzelhütens, sowie der Weide 
durch Gemeinde- und Genossenschaftsheerden wird durch Polizeiverordnung:) 
geregelt. 
§. 14. Mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu vier- 
zehn Tagen wird bestraft, wer unbefugts) auf einem Grundstück Vieh weidet. 
Die Strafe ist verwirkt, sobald das Vieh die Grenzen des Grundstücks, 
auf welchem es nicht geweidet werden darf, überschritten hat, sofern nicht fest- 
gestellt wird, daß der Uebertritt von der für die Beaufsichtigung des Viehes 
verantwortlichen Person nicht verhindert werden konnte. 
Die Bestimmung des Absatzes 2 findet, wo eine Verpflichtung zur Ein- 
friedigung von Grundstücken besteht, oder wo die Einfriedigung landesüblich 
ist, keine Anwendung. 
§. 15. Geldstrafe von fünf bis zu einhundertundfunfzig Mark oder Haft 
tritt ein, wenn der Weidefrevel (S. 14) begangen wird 
1. auf Grundstücken, deren Betreten durch Warnungszeichen verboten ist; 
2. auf eingefriedigten Grundstücken, sofern nicht eine Verpflichtung zur 
Einfriedigung der Grundstücke besteht, oder die Einfriedigung der Grundstücke 
landesüblich ist; 
3. auf solchen Dämmen und Deichen, welche von dem Besitzer selbst noch 
mit der Hütung verschont werden; 
4. auf bestellten Aeckern oder auf Wiesen, in Gärten, Baumschulen, Wein- 
bergen, auf mit Rohr bewachsenen Flächen, auf Weidenhegern"), Dünen, 
Buhnen, Deckwerken, gedeckten Sandflächen, Graben= oder Kanalböschungen, 
in Forstkulturen, Schonungen oder Saatkämpen; 
5. auf Forstgrundstücken mit Pferden oder Ziegen. 
r 16. Ein wegen Weidefrebels rechtskräftig verurtheilter Hirt kann von 
der Dienstherrschaft innerhalb vierzehn Tagen, von der rechtskräftigen Verur- 
theilung an gerechnet, entlassen werden. 
§. 17. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark oder mit Haft 
wird bestraft: 
suht Ver eine rechtmäßige Pfändung (§. 77) vereitelt oder zu vereiteln 
versucht; 
2. wer, abgesehen von den Fällen der d## 113 und 117 des Strafgesetz- 
buches, dem Pfändenden in der rechtmäßigen Ausübung seines Rechts (§. 77) 
durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet oder dem 
Pfandenden während der rechtmäßigen Ausübung seines Rechtes thätlich 
angreift; 
3. wer, abgesehen von den Fällen der 88. 137 und 289 des Strafgesetz- 
buchs, Sachen, welche rechtmäßig in Pfand genommen sind (8. 77), dem 
Pfändenden in rechtswidriger Absicht wegnimmt?); 
4. wer vorsätzlich eine unrechtmäßige Pfändung (§. 77) bewirkt. 
§. 18. Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfunfzig Mark oder mit Haft 
wird bestraft, wer Gartenfrüchte, Feldfrüchte oder andere Bodenerzeugnisse“) 
  
1) Der Hirt ist auch dann strafbar, wenn nach den Umständen die Gefahr einer 
Beschädigung nicht vorhanden war. 
:) Vergl. Anm. zu 8. 96. 
*:) Unbefugt weidet nicht nur derjenige, der überhaupt kein Weiderecht an dem 
Grundstücke hat, sondern auch derjenige, der die Grenzen seiner Befugniß überschreitet. 
!) Weidenheger sind Weidenniederwaldungen von kurzem Umtriebe zur Erzielung 
von Korbruthen. Reifstäben, Faschinen 2c. Forstkulturen im Sinne des Gesetzes sind 
durch natürliche Besaamung, Saat, Pflanzung, Stecklinge, entstandene Jungwüchse 
von so geringem Alter, daß schon das bloße Betreten geeignet ist, Beschädigungen 
herbeizuführen. Deckwerke sind Uferbefestigungen durch Strauch. 
) Vergl. die Anm. zu §s. 289 R. Str. G. B. oben S. 637. 
) Es ist unerheblich, ob die Früchte und anderen Bodenerzeugnisse schon getrennt 
oder noch nicht getrennt vom Boden sind, Erk. O. Trib. 30. Nov. 1857 (J. M.
	        
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