Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XXIX. Maß- und Gewichts-Ordnung. Aichungsbehörden. 1387 
Die Maße 2c., deren Richtigkeit zweiselhaft befunden worden ist, sind dem 
Aichungsamt zur Prüfung zu übergeben. Je nach dem Ergebniß der Prüfung hat 
die Polizeibehörde entweder dieselben dem Eigenthümer zurückzugeben oder wegen Be- 
strafung und Einziehung das Weitere zu verfügen. 
Diejenigen Maße 2c., welche von unvorschriftsmäßiger Beschaffenheit sind, gleich- 
wohl aber den Aichungsstempel tragen, sind ebenfalls dem Aichungsamte zu über- 
mitteln, welches mit denselben gemäß der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 
22. März 1876 (C. Bl. d. D. R. S. 185) zu verfahren hat. 
Der Regierungs-Präsident bestimmt nach Anhörung des Aichungsinspektors für 
jeden Polizeibezirk dasjenige Aichungsamt, welchem die beanstandeten Maße zur 
Prüfung zu übergeben find. 
8. Die technischen Revisionen unter Zuziehung eines Aichtechnikers finden in 
der Weise statt, daß jeder Gewerbetreibende in den Städten von zwei zu zwei Jahren, 
auf dem Lande von vier zu vier Jahren revidirt wird. Die Revisionsfristen können 
für Städte mit geringfügigem Verkehr bis auf 4 Jahre verlängert, für ländliche 
Ortschaften mit stark entwickeltem Verkehr dagegen bis auf 2 Jahre abgekürzt werden. 
Kleine ländliche Ortschaften mit ganz geringfügigem Verkehr können von den 
regelmäßigen technischen Revisionen ausgeschlossen werden. Doch bleibt die Vornahme 
außerordentlicher technischer Revisionen in längeren Zwischenräumen auch für diese 
Orte vorbehalten. 
Die hiernach erforderlichen Anordnungen trifft der Regierungspräsident nach An- 
hörung des Aichungs-Inspektors. 
9. Die technischen Revisionen werden durch die Organe der Ortspolizeiverwaltung 
unter Zuziehung eines Aichmeisters ausgeführt. Zu diesem Behufe wird durch den 
Regierungspräsidenten nach Anhörung des Aichungs--Inspektors für jeden Ortspolizei- 
bezirk dasjenige Aichungsamt bezeichnet, dessen Aichmeister zu den Revisionen zuzuziehen 
ist. Bei dieser Zutheilung ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß nur solche Aichmeister 
berufen werden, welche nach dem Urtheile des Aichungs-Inspektors die erforderliche 
Qualifikation besitzen. 
Wenun die Zuziehung eines Aichmeisters mit unwerhältnißmäßigen Kosten oder 
sonst mit erheblichen Schwierigkeiten verknüpft ist, so kann nachgelassen werden, daß 
statt desselben ein Techniker oder technisch gebildeter Handwerker zugezogen wird, 
welcher seine Qualifikation vor dem Aichungs--Inspektor dargelegt hat. Derselbe ist 
zuvor auf die gewissenhafte Ausführung der Revisionsarbeiten zu Protokoll zu ver- 
ichten. 
vft Unter derselben Voraussetzung kann ausnahmsweise gestattet werden, daß von der 
Zuziehung eines Aichmeisters oder Technikers abgesehen wird, sofern der ausführende 
Polizeibeamte nach dem Gutachten des Aichungs-Inspektors die erforderlichen technischen 
Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt. 
Die Entscheidung in den Fällen der Abs. 2 und 3 trifft der Regierungspräsident 
nach Anhörung des Aichungs-Inspektors. 
10. Dem Aichmeister ist für seine Mühewaltung eine angemessene Vergütung 
zu gewähren (§. 15 der Instr. 6. Jan. 1870) ). Bei Bemessung derselben ist zu 
berücksichtigen, daß sie nicht nur einen Ersatz für die baaren Aufwendungen des 
Aichmeisters (Kosten der Reise und des Unterhalts, Kosten für den Transport der 
Geräthschaften 2c.), sondern auch eine seiner Stellung entsprechende Honorirung seiner 
Dienste bilden soll. Der Betrag der Vergütung ist im Voraus feslzustellen. 
Für die Reisekosten werden dabei die für die Staatsbeamten der entsprechenden 
Rangklasse geltenden Sätze zum Anhalt dienen können. Als allgemeine Remune- 
rirung der Dienste des Aichmeisters wird in der Regel eine Pauschsumme für jeden 
Ortsbezirk zu gewähren sein. Findet eine Vereinbarung über den Betrag der Ver- 
gütung nicht statt, so wird dieselbe von der dem betreffenden Aichungsamte nächst 
  
— 
Zu Anmerkung 3 auf S. 1336. 
lediglich im Großen an Händler verkaufen oder in ihrem Betriebe Maße und Gewichte 
zur Feststellung der Löhnung von Akkordarbeitern benutzen, vergl. Res. 10. April 1894 
(M. Bl. S. 82). 
1) Die Entschädigung steht ihm zu, nicht der Gemeinde, in deren Dienst er sich 
befindet, Res. 7. Juli 1891 (H. M. A. 2940).
	        
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