1404 Abschnitt XXX. Gewerbegerichte.
Gegen die Entscheidungen findet Beschwerde an das Landgericht statt, in
dessen Bezirk das Gewerbegericht seinen Sitz hat. Das Verfahren richtet fich
nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung.
8. 22. Das Gewerbegericht verhandelt und entscheidet, soweit nicht in
diesem, Gesetze ein Anderes bestimmt ist, in der Besetzung von drei Mitgliedern
mit Einschluß des Vorsitzenden. .
Durch, das Ortsstatut kann bestimmt werden, daß allgemein oder für ge-
wisse Streitigkeiten eine föbere Zahl von Beisitzern zuzuziehen ist.
In gleicher Weise ist zu bestimmen, nach welchen Grundsätzen der Vor-
sitzende die einzelnen Beisitzer zuzuziehen hat.
Arbeitgeber und Arbeiter müssen stets in gleicher Zahl zugezogen werden.
7 23. Bei jedem Gewerbegerichte wird eine Gerichtsschreiberei eingerichtet.
ür die Bewirkung der Zustellungen in dem Verfahren vor den Gewerbe-
gerichten können an Stelle der Gerichtsvollzieher Gemeindebeamte verwendet
werden.
Zweiter Abschnitt. Verfahren.
§. 24. Auf das Verfahren vor den Gewerbegerichten finden, soweit im
Nachstehenden nicht besondere Bestimmungen getroffen sind, die für das amts-
gerichtliche Vgrfahren geltenden Vorschriften der Civilprozeßordnung entsprechende
mnwendungt).
§. 25. Zuständig ist dasjenige Gewerbegericht, in dessen Bezirk die streitige
Verpflichtung zu erfüllen ist2).
§. 26. Die Vorschrift im S. 11 der Civilprozeßordnung über die bindende
Wirkung der rechtskräftigen Entscheidung, durch welche ein Gericht sich für
sachlich unzuständig erklärt hat, findet in dem Verhältniß der Gewerbegerichte
und der ordentlichen Gerichte Anwendung. Eine solche Entscheidung des
ordentlichen Gerichts ist auch insoweit, als sie auf der Annahme der örtlichen
Zuständigkeit eines bestimmten Gewerbegerichts beruht, für das letztere bindend.
§. 27. Ueber Gesuche wegen Ablehnung von Gerichtspersonen entscheidet
das Gewerbegerichts).
§. 28. Nichtprozeßfähigen Parteien, welche ohne gesetzlichen Vertreter sind,
kann auf Antrag bis zum Eintritt des gesetzlichen Vertreters von dem Vor-
sitzenden ein besonderer Vertreter bestellt werden.
Das Gleiche gilt im Falle erheblicher Entfernung des Aufenthaltsortes
des gesetzlichen Vertreters.
Die nichtprozeßfähige Partei ist auf ihr Verlangen selbst zu hören.
§. 29. Rechtsanwälte und Personen, welche das Verhandeln vor Gericht
geschäftsmäßig betreiben, werden als Prozeßbevollmächtigte oder Beistände vor
dem Gewerbegerichte nicht zugelassen.
§. 30. Die Zustellungen in dem Verfahren vor den Gewerbegerichten er-
folgen von Amtswegen.
Urtheile und Beschlüsse, gegen welche ein Rechtsmittel stattfindet, sind den
Parteien zuzustellen, soweit diese nicht auf die Zustellung verzichten. Sonstige
Urtheile und Beschlüsse sind einer Partei nur zuzustellen, wenn sie nicht in
Anwesenheit derselben verkündet sind. Auf Verlangen einer Partei ist der-
selben auch Ausfertigung eines in ihrer Anwesenheit verkündeten Urtheils oder
Beschlusses zu ertheilen.
Anträge und Erklärungen einer Partei, welche zugestellt werden sollen,
sind bei dem Gerichte einzureichen oder mündlich zum Platokolle des Gerichts-
schreibers anzubringen.
1) S§§. 456—471, 555 ff. C. P. O. Das Mahnverfahren (88. 628— 643 G.
P. O.) ist hier unzulässig. ·
2) Doch bleibt es den Parteien unbenommen, kraft ausdrücklicher oder still.
schweigender Uebereinkunft (C. P. O. 8§§. 38 — 40) die Entscheidung einem anderen
Gewerbegerichte zu übertragen. Die Bestimmungen über den Gerichtsstand der
Widerklage finden auch auf die Gewerbegerichte Anwendung, sofern es sich um einen
Anspruch der im §. 3 bezeichneten Art haudelt, Mot. S. 27.
3) §§. 41— 49 C. P. O.