Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XXX. Gewerbegerichte. 1411 
Nach Ablauf der Frist hat das Einigungsamt eine von sämmtlichen Mit- 
gliedern desselben unterzeichnete öffentliche Bekanntmachung zu erlassen, welche 
den abgegebenen Schiedsspruch und die darauf abgegebenen Erklärungen der 
Parteien enthält!h. 
§. 69. Ist weder eine Vereinbarung (8. 66) noch ein Schiedsspruch zu 
Stande gekommen, so ist dies von dem Vorsitzenden des Einigungsamts öffent- 
lich bekannt zu machen. 
Vierter Abschnitt. Gutachten und Anträge der Gewerbegerichte. 
§. 70. Das Gewerbegericht ist verpflichtet, auf Ansuchen von Staats- 
behörden oder des Vorstandes des Kommunalverbandes, für welchen dasselbe 
errichtet ist, Gutachten über gewerbliche Fragen abzugeben. Zur Vorbereitung 
oder Abgabe derartiger Gutachten können Ausschüsse aus der Mitte des Ge- 
werbegerichts gebildet werden. 
Diese Ausschüsse müssen, sofern es sich um Fragen handelt, welche die 
Interessen beider Theile berühren, zu gleichen Theilen aus Arbeitgebern und 
Arbeitern zusammengesetzt sein. 
In gleicher Weise ist das Gewerbegericht berechtigt, in gewerblichen Fragen, 
welche die seiner Gerichtsbarkeit unterstehenden Betriebe berühren, Anträge an 
Behörden und an Vertretungen von Kommunalverbänden zu richten. 
Das Nähere bestimmt das Statut. 
Fünfter Abschnitt. Verfahren vor dem Gemeindevorsteher. 
§. 71. Ist ein zuständiges Gewerbegericht nicht vorhanden?), so kann bei 
Streitigkeiten der in Nr. 1 und 3 des F. 3 bezeichneten Art jede Partei die 
vorläufige Entscheidung durch den Vorsteher der Gemeinde (Bürgermeister, 
Schultheiß, Ortsvorsteher u. s. w.) nachsuchen. Zuständig ist der Vorsteher der 
Gemeinde, in deren Bezirk die streitige Verpflichtung aus dem Arbeitsverhält- 
nisse zu erfüllen ist. 
Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, ihre Ausführungen und Beweis- 
mittel in einem Termine vorzubringen. Eine Beweisaufnahme durch Ersuchen 
anderer Behörden findet nicht statt; Vereidigungen sind nicht gzulässia. 
Kommt ein Vergleich zu Stande, so ist ein Protokoll darüber aufzunehmen 
und von den Parteien und dem Gemeindevorsteher zu unterschreiben. 
§. 72. Die Entscheidung des Gemeindevorstehers ist schriftlich abzufassen; 
sie geht in Rechtskraft über, wenn nicht binnen einer Nothfrist von zehn Tagen 
von einer der Parteien Klage bei dem ordentlichen Gerichte erhoben wird?). 
Die Frist beginnt mit der Verkündung, gegen eine bei der Verkündung nicht 
anwesende Partei mit der Behändigung der Entscheidung. 
Die Entscheidungen des Gemeindevorstehers sind von Amtswegen für vor- 
läufig vollstreckbar zu erklären. Z 
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht auszusprechen, wenn glaubhaft ge- 
macht wird, daß die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden 
Nachtheil bringen würde; auch kann sie von einer vorgängigen Sicherheitsleistung 
abhängig gemacht werden. Z„ 
Ist rechtzeitig Klage erhoben, so findet der §. 647 der Civilprozeßordnung 
entsprechende Anwendung. 
§. 73. Die vor dem Gemeindevorsteher geschlossenen Vergleiche, sowie die 
rechtskräftigen oder vollstreckbaren Entscheidungen desselben sind, sofern die Partei 
–.. — — 
Eine Vollstreckbarkeit des Schiedsspruches ist jedoch ausgeschlossen, Komm. Ber. 
2) Ist auch keine Innung oder kein Innungsschiedsgericht oder kein landesgesetzlich 
bernfenes Gewerbegericht (s. 14, 4 Ger. Verf. Ges.) zuständig, oder handelt es sich 
um die im §. 76 bezeichneten Personen. 
2) Das Gericht entscheidet nicht als höhere Instanz; die Parteien sind in der 
Geltendmachung ihres Anspruches durch die Vorentscheidung weder materiell, noch 
formell beschränkt, Erk. R. G. 7. Febr. 1891 (Rass. u. Küntz. XXXV. 1144). 
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