Abschnitt XXXII. Urheberrecht an Mustern und Modellen. 1466
8. 6. Der Schutz des gegenwärtigen Gesetzes gegen Nachbildung wird dem
Verfertiger des photographischen Werkes fünf Jahre gewährt. Diese Frist wird
vom Ablaufe desjenigen Kalenderjahres ab gerechnet, in welchem die recht-
mäßigen photographischen oder sonstigen mechanischen Abbildungen der Ori-
ginalaufnahme zuerst erschienen sind.
Wenn solche Abbildungen nicht erscheinen, so wird die fünfjährige Frist
von dem Ablauf desjenigen Kalenderjahres ab gerechnet, in welchem das Ne-
gativ der photographischen Aufnahme entstanden ist.
Bei Werken, die in mehreren Bänden oder Abtbeilungen erscheinen, findet
der §. 14 des Gesetzes vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an
Schriftwerken 2c., Anwendung.
§. 7. Das im §F. 1 bezeichnete Recht des Verfertigers eines photogra-
phischen Werkes geht auf dessen Erben über. Auch kann dieses Recht von dem
Verfertiger oder dessen Erben ganz oder theilweise durch Vertrag oder durch
Verfügung von Todeswegen auf Andere übertragen werden. Bei photogra-
phischen Bildnissen (Porträts) geht das Recht auch ohne Vertrag von selbst
auf den Besteller über.
§. 8. Wer eine von einem Andern verfertigte photographische Aufnahme
durch ein Werk der malenden, zeichnenden oder plastischen Kunst nachbildet,
genießt in Beziehung auf das von ihm hervorgebrachte Werk das Recht eines
Urhebers nach Maßgabe des §.7 des Gesetzes vom 9. Januar d. J., betreffend
das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste.
§. 9. Die Bestimmungen in den 88§. 18 bis 38, 44, 61 Abs. 1 des Ge-
setzes vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken 2c.,
finden auch Anwendung auf das ausschließliche Nachbildungs= und Verviel-
fältigungsrecht des Verfertigers photographischer Werke.
§. 10. Die Sachverständigen-Vereine, welche Gutachten über die Nach-
bildung photographischer Aufnahmen abzugeben haben, sollen aus Künstlern
verschiedener Kunstzweige, aus Kunsthändlern, aus anderen Kunstverständigen
und aus Photographen bestehen.
§. 11. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes finden auch An-
wendung auf solche Werke, welche durch ein der Photographie ähnliches Ver-
fahren hergestellt werden.
§. 12. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1876 in Kraft.
Auf photographische Aufnahmen, welche vor diesem Tage angefertigt sind,
findet dasselbe nur dann Anwendung, wenn die erste rechtmäßige photogra-
phische oder sonstige mechanische Abbildung der Originalaufnahme nach dem
Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes erschienen ist.
Thorographische Aufnahmen, welche schon bisher landesgesetzlich gegen
Nachbildung geschützt waren, behalten diesen Schutz; jedoch kann derselbe nur
für denjenigen räumlichen Umfang geltend gemacht werden, für welchen er
durch die Landesgesetzgebung ertheilt war.
Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen.
Vom 11. Januar 1876 (R. G. Bl. S. 11)1).
§. 1. Das Recht, ein gewerbliches Muster oder Modell ganz oder theil-
weise nachzubilden, steht dem Urheber ) desselben ausschließlich zu.
1) Kommentar von Stenglein in „Strafrechtliche Nebengesetze des Deutschen
Reiches“, 2. Aufl., Berlin 1896 S. 57; Dambach, Berlin 1876.
2) D. i. derjenige, der aus seiner eigenen geistigen schaffenden Thätigkeit heraus
ein Erzeugniß mit gewissen wesentlichen, charakteristischen Eigenschaften hervorbringt,
E. Crim. XIII. 219.