Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1482 Abschnitt XXXII. Schutz von Gebrauchsmustern. 
Gesetz, bekreffend den Schutz von Gebrauchsmustern. 
Vom 1. Juni 1891 (R. G. Bl. S. 290) 0. 
2— 1. Modelle von Arbeitsgeräthschaften oder Gebrauchsgegenständen oder 
von Theilen derselben werden, insoweit sie dem Arbeits= oder Gebrauchszweck 
durch eine neue Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung dienen sollen, als 
Gebrauchsmuster nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt. 
Modelle gelten insoweit nicht als neu, als sie zur Zeit der auf Grund 
dieses Gesetzes erfolgten Anmeldung bereits in öffentlichen Druckschriften be- 
schrieben oder im Inlande offenkundig 2) benutzt sind. 
§. 2. Modelle, für welche der Schutz als Gebrauchsmuster verlangt wird, 
sind bei dem Patentamt schriftlich anzumelden ). 
Die Anmeldung muß angeben, unter welcher Bezeichnung das Modell ein- 
getragen werden und welche neue Gestaltung oder Vorrichtung dem Arbeits- 
oder Gebrauchszweck dienen soll. 
Jeder Anmeldung ist eine Nach= oder Abbildung des Modells beizusügen. 
f Ueber die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung trifft das Patentamt Be- 
timmung. 
Gleichzeitig mit der Anmeldung ist für jedes angemeldete Modell eine Ge- 
bühr von fünfzehn Mark einzuzahlen. 
§. 3. Entspricht die Anmeldung den Anforderungen des §. 2, so verfügt 
das Patentamt die Eintragung in die Rolle für Gebrauchsmuster. « 
Die Eintragung muß den Namen und Wohnsitz des Anmelders, sowie die 
Zeit der Anmeldung angeben. 
Die Eintragungen sind durch den Reichs-Anzeiger in bestimmten Fristen 
bekannt zu machen. 
Aenderungen in der Person des Eingetragenen werden auf Antrag in der 
Rolle vermerkt. 
Die Einsicht der Rolle sowie der Anmeldungen, auf Grund deren die Ein— 
tragungen erfolgt sind, steht Jedermann frei. 
4. Die Eintragung eines Gebrauchsmusters im Sinne des F. 1 hat 
die Wirkung, daß dem Eingetragenen ausschließlich das Recht zusteht, gewerbs- 
mäßig das Muster nachzubilden, die durch Nachbildung hervorgebrachten 
Snüaen und Gegenstände in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu 
gebrauchen. 
  
1) Kommentare wie oben S. 1465. Im Gegensatze zum Ges. 11. Jan. 1876 
(oben S. 1465), das nur Geschmacksmuster schützt, betrifft das Ges. 1. Juni 1891 
Gebrauchsmuster, die ohne jede Rücksicht auf ihre äußere Erscheinung einen Arbeits- 
aofeisrbrauchsgegenstan durch neue Gestaltung einem Arbeits- oder Gebrauchszweck 
uführen. 
Schwieriger ist der Unterschied zwischen diesem Ges. und dem Patentges. Auch 
das Gebrauchsmuster wird nur geschützt, wenn es „neu“ ist. Ein Unterschied liegt 
darin, daß das Patentges. uur die Beschreibung in öffentlichen Druckschriften aus den 
letzten 100 Jahren als die Neuheit ausschließend ansieht, während nach dem Muster- 
schutzges. z. B. auch Nachahmungen irgendwo beschriebener antiker Geräthschaften 
nicht geschützt werden. 
2) Z. B., wenn der Erfinder Nachbildungen schon vor der Anmeldung in den 
Verkehr gebracht hatte, E. Crim. XXV. 61; wenn das Gebrauchsmuster durch die 
Benutzung der Allgemeinheit zugänglich gemacht ist, so daß jedermann davon Kenntnuiß 
zu nehmen Gelegenheit hat, E. Crim. XXVIII. 188. 
3) Vergl. Vd. 11. Juli 1891 (R. G. Bl. S. 349) §§. 19 ff. oben S. 1475. 
Bek. 31. Aug. 1891 (Pat Bl. S. 451), 7. und 12. Mai 1893 (bei Berger-Stephan 
S. 129f.). 
Insoweit in Angelegenheiten des Schutzes von Gebrauchsmustern das Patentamt 
zur Erstattung von Gutachten ermächtigt wird, sind hierfür die Beschwerdeabtheilungen, 
und zwar jede innerhalb derjenigen Zweige der Technik zuständig, welche ihr hinsichtlich 
der Patentangelegenheiten gemäß den §§ 1 und 2 Kais. Vd. 11. Juli 1871 zuge- 
wiesen sind, Vd. 30. Juni 1894 (R. G. Bl. S. 495).
	        
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