Abschnitt VI. Disziplinarbestrafung d. Mil.-Pers. d. Beurlaubtenstandes. 475
mitglieder. Der höchste kommandirte Offizier hat in diesem gemeinschaftlichen
Untersuchungsgericht den Vorrang.
Die Verhandlungen, welche die Mitangeschuldigten des Militärstandes be-
treffen, sind zu besonderen Akten zu nehmen.
§. 53. Nach beendigter Untersuchung ist zuerst gegen die angeklagten Militär-
personen von dem Militärgericht zu erkennen. Wenn besondere Umstände ein
Anderes erfordern, so ist darüber eine Entscheidung des Königs durch das
General-Auditoriat einzuholen. 6“
§. 269. Geldbußen, welche von den Civilbehörden in den zu ihrer
Kompetenz gehörenden Fällen wider Militärpersonen verhängt sind, müssen durch
das betreffende Militärgericht eingezogen und an die Civilbehörde abgeliefert
werden.
Kann die Geldbuße nicht erlegt werden, so ist dieselbe ([von den Militär-
gerichten in verhältnißmäßige Freiheitsstrafe) umzuwandeln w.
Von der Vollstreckung der Strafe ist der Civilbehörde Nachricht zu geben.
Die Bestimmung des §. 2 lit. d der früheren Preußischen Disziplinar-Straf-
ordnung vom 21. Juli 1867, welche gestattete, die Militärpersonen wegen der in
den allgemeinen Strafgesetzen alternativ mit Geldbuße oder Freiheitsstrafe bedrohten
Uebertretungen — mit Ausnahme der einfachen Beleidigungen gegen Civilpersonen
— disziplinarisch zu bestrafen, ist in die neue Disziplinarstrafordnung vom 31. Okt.
1872 nicht wieder aufgenommen worden. Die gedachten Uebertretungen können mit-
hin jetzt gegen Militärpersonen nur im Wege des militärgerichtlichen Verfahrens ver-
solgt und bestraft werden.
Wegen der von Militärpersonen begangenen Uebertretungen und wegen der dem-
zufolge gegen dieselben erlassenen polizeilichen Strafverfügungen vergl. §. 11 des Ges.
23. Mrril 1508 oben S. 455 und §. 22 der Anweisung dazu vom 8. Juni 1883
oben S.
Für verabschiedete Offiziere ist die Militärgerichtsbarkeit aufgehoben, Ges. 3. Mai
1890 (R. G. Bl. S. 63).
Disziplinar-Strafordnung für das Heer.
Vom 31. Oktober 1872 (Arm. Vd. Bl. S. 331).
Dritter Abschnitt.
Vonder Disziplinarbestrafung der zum Soldatenstandegehörenden
Militärpersonen des Beurlaubtenstandes)?.
§. 23. Auf die Personen des Beurlaubtenstandes kommen die Strafvor-
schriften dieser Verordnung nur in der Zeit durchweg zur Anwendung, während
welcher sie sich im Dienste befinden.
Außerhalb dieser Zeit tritt Disziplinarbestrafung nur ein: wegen Zu-
widerhandlung gegen die zum Zwecke der Aufrechthaltung der militärischen
Kontrolle ertheilten Dienstvorschriften, sowie wegen derjenigen militärischen Ver-
gehen, deren Bestrafung im Disziplinarwege in leichteren Fällen auch bei Per-
1) Eine Umwandlung der nicht einziehbaren Geldstrafen in militärische Freiheits-
strafen findet nicht mehr statt, nachdem das Deutsche Mil. Str. G. B. das Strafen-
system des R. Str. G. B. grundsätzlich angenommen. Maßgebend sind also die jetzt
auch für Militärpersonen geltenden Vorschriften der §§. 28—30, 78 R. Str. G. B.
Vergl. auch §. 491 R. Str. P. O.
2) §. 56 des Reichsmilitärges. 2. Mai 1874.
Zum Beurlaubtenstande gehören:
die Offijiere, Aerzte, Beamten und Mannschaften der Reserve und Landwehr;
die vorläufig in die Heimath beurlaubten Rekruten und Freiwilligen (§. 34);
die bis zur Entscheidung über ihr ferneres Militärverhältniß zur Disposition
der Ersatz-Behörden entlassenen Mannschaften (§. 54); „
die vor erfüllter aktiver Dienstpflicht zur Disposition der Truppentheile beur-
laubten Mannschaften.
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