518 Abschnitt VII. Gendarmerie-Verordnung.
der Untersuchung der vorgedachten Dienstbehörde bekannt zu machen. n
Ansehung der Jurisdiktion und Strafgewalt finden die Vorschriften für das
stehende Heer auch auf die Gendarmerie Anwendung. Dem Chef der Gendar-
merie soll dabei der Wirkungskreis eines Divisions-Kommandeurs, dem Brigadier
der eines Regiments-Kommandeurs, sund den Abtheilungs-Kommandeuren der
eines detachirten Bataillons-Kommandeurs] zustehen. Für den Fall der Kon-
kurrenz von Gendarmen bei Vergehen anderer Militärpersonen, erfolgt die
Bestätigung des Erkenntnisses ohne Unterschied durch das Kriegsministerium.
§. 12. Die Gendarmerie ist im Allgemeinen bestimmt, die Polizeibehörden
in Erhaltung der offentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung im Innern des
Staats und in Handhabung der deshalb bestehenden Gesetze und Anordnungen
zu unterstützen ). Ihr liegt daher als ordentliche Dienstleistung, mithin ohne
besondere Requisition und Anweisung ob:
I. im Allgemeinen:
auf die Befolgung der vorgedachten Gesetze und Anordnungen zu wachen,
die wahrgenommenen Hindernisse dieser Befolgung, so wie die dagegen
unternommenen Handlungen und deren Thäter zu ermitteln, und solche
den betreffenden Behörden anzuzeigen;
II. insonderheit
1. zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, allen
Auflauf, Zusammenrottirungen und Tumult zu verhindern und zu unter-
drücken, den Verbrechen wider die öffentliche Sicherheit oder wider die
Personen und das Eigenthum der Einzelnen durch zeitige Dazwischen-
kunft zuvorzukommen, wenn solche aber bereits begangen, sie durch
Nachfrage und Sammlung der Anzeigen zu ermitteln, die Verbrecher:)
selbst zu entdecken, und sie, ingleichen der Flucht verdächtige Kontra-
venienten, zu verfolgen, anzuhalten und der Behörde zu überliefern,
auf Vagabonden und andere, es sei durch Steckbriefe verfolgte, oder
sonst unsichere und verdächtige Personen und auf deren Beschäftigungen
und Verbindungen ein wachsames Auge zu haben, und zu dem Ende
sowohl in den angewiesenen Distrikten) fortgesetzt fleißig zu patrouilliren)
Zu Anmerkung 1 auf S. 517.
desselben erst vom Beginn des nächsten Monats ab zu kürzen. Fand eine Voraus-
bezahlung der Besoldung nicht statt, so ist die Hälfte derselben bereits von dem Tage
der Suspension ab einzubehalten, Dreger, Taschenbuch für die Mitglieder der Land-
gendarmerie S. 65 und 66.
1) Vergl. Reg. Verf., betr. die angemessene Benutzung der Gendarmen, 2. Juli
1842 (M. Bl. S. 308). Selbständige Beschlagnahmen stehen den Gendarmen zu
Strafverfolgungszwecken nicht zu, wohl aber zur Hinderung von Schädigungen polizei-
lich zu schützender Interessen, E. O. V. XXVIII. 414.
2) Die Gendarmen dürfen bei der Verfolgung von Verbrechern die Eisenbahn
benutzen; die hierbei wirklich gezahlten Fahrkosten werden aus dem Fonds zu
allgemeinen polizeilichen Zwecken erstattet, Res. 21. April 1868 (M. Bl. S. 157).
Bei Arbeiterunruhen sind die Gendarmen auf ihren Antrag mit Schnellzügen
zu befördern, auch wenn diese nur 1. und 2. Wagenklasse führen. Fahrgelder und
Pferdetransportkosten werden gegen Vorzeigung des Marschbefehls gestundet und dem-
nächst letztere ohne Weiteres aus der Staatskasse zu bestreiten, erstere aus den
gesetzlichen Reisekosten zu decken. Reichen diese für die höheren Fahrpreise der Schnell-
züge nicht aus, so können die Regierungspräsidenten die nachweislichen Mehrbeträge
gemäß §. 4 Ges. 24. März 1873 (G. S. S. 122) letzter Abs. zubilligen und an
die Eisenbahnverwaltung abführen lassen, Res. 2. Mai 1893 (M. Bl. S. 110).
*) Nicht der landräthliche Kreis, in welchem der Gendarm stationirt ist, sondern
der demselben zur dienstlichen Beauffichtigung überwiesene Patronillenbezirk bis
zu den äußeren Grenzen desselben einschließlich, ist als Geschäftsbezirk der Gendarmen
anzusehen, Res. 20 Nov. 1857 (M. Bl. S. 190).
Aufträge zur Verrichtung von Geschäften außerhalb des Patrouillen-
bezirks können den Gendarmen nur von ihren Dienstvorgesetzten ertheilt werden
und sind solche event. von den betreffenden Ortspolizeibehörden vorher nachzusuchen.
Erscheint dies in besonders dringenden Fällen ohne Schädigung des Gemeinwohls