Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

532 Abschnitt VII. Gendarmerie-Instruktion. 
III. Von den Dienstpflichten der Gendarmerie. 
§. 18. Die Gendarmerie muß die Pflichten ihres Berufs ohne alle Rückficht 
auf die daraus für sie besorglichen Gefahren und Nachtheile mit strengster Pflichttreue, 
Gewissenhaftigkeit, Unparteilichkeit, Thätigkeit und Umsicht, willig und pünktlich er- 
füllen. Wenn ihr gleich ganz besonders obliegt, mit Kraft und Nachdruck alle die 
öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit betreffenden Gesetze zu handhaben und 
deren Befolgung zu bewirken, so muß sie sich doch aller Belästigung des Publikums, 
jeder überflüssigen Strenge und jeder Einmischung in Gegenstände, die außer ihrem 
Beruf liegen, sorgfältig enthalten. Keiner, der in der Gendarmerie dient, darf in 
der entferntesten Beziehung auf seinen Dienst und die damit verbundenen Pflichten 
irgend ein Geschenk annehmen, keiner in Wirths= und Gasthäusern sich unentgeltlich 
beköstigen, noch Fourage für sein Pferd reichen lassen, noch weniger aber sich irgend 
eine Erpressung erlauben. Auch soll kein Gendarm, ohne schriftliche Genehmigung 
der ihm vorgesetzten Civildienstbehörde und des Kommandeurs selbst, oder durch ein 
unter seiner hausherrlichen Gewalt stehendes Mitglied seiner Familie, ein bürgerliches 
Gewerbe treiben. *r*“° 
§s. 19. Jeder Gendarm muß, wenn ihm das Gegentheil nicht ausdrücklich vor- 
geschrieben ist, seinen Dienst in vollständiger Unisorm ) und bewaffnet leisten. 
§. 20. Alle Mitglieder der Gendarmerie müssen sich mit den über die Gegen- 
stände ihrer Dienstobliegenheiten bestehenden allgemeinen und besondern Gesetzen und 
Vorschriften, insonderheit aber mit denen des Regierungsbezirks, in welchem fie 
stationirt sind, möglichst bekannt machen, und nicht allein die Civildienstbehörden, 
sondern auch die Militärvorgesetzten darauf, daß dies geschehe, halten und dazu den 
Gendarmen die nähere Anleitung geben. 
§. 21. Die in der heutigen Verordnung über die anderweitige Organisation 
der Gendarmerie bestimmten Dienstobliegenheiten der Gendarmen, werden zwar in der 
Regel von jeder Abtheilung derselben in dem ihr angewiesenen Bezirk oder Ort ge- 
leistet; es können indessen die Gendarmen nicht allein zu Dienstleistungen außerhalb 
ihrer ordentlichen Station von den dazu berechtigten Behörden verwendet werden, 
sondern sie sind auch ohne Anweisung dieser Behörden verpflichtet, in eiligen, oder 
sonst dringenden Fällen:) der Gendarmerie eines benachbarten Bezirks Hülfe zu 
leisten, und nöthigenfalls flüchtige Verbrecher, Transportaten und Vagabonden in 
andere Gendarmerie-Bezirke, so weit zu verfolgen, bis sie in letztern die zur weiteren 
  
Zu Anmerkung 1 auf S. 531. 
dieselben den Mannschaften besondere Leistungen angesonnen oder stellt sich eine ein- 
malige Zuwendung als eine Belohnung für besondere Leistungen dar, so ist in sorg- 
fältigste Erwägung zu nehmen, ob diese Leistungen ihrer Art nach mit dem Geschäfts. 
kreise und der dienstlichen Stellung der Mannschaften vereinbar sind und ob sie nicht 
etwa ihrem Umfange nach die laufende allseitige und gründliche Wahrnehmung der 
Dienstgeschäfte hindern, oder in Zukunft zu beeinträchtigen geeignet sind. 
3. Es bedarf einer genauen Prüfung, ob in den persönlichen und sonstigen 
Verhältnissen der Geber oder ihrer Organe keine Anlässe zu der Befürchtung ob- 
walten, daß von den Gendarmen Dienste erwartet werden möchten, welche den unter 
Nr. 2 oben angegebenen Bedingungen nicht entsprechen, oder daß Unterlassungen 
gewünscht werden, welche den dienstlichen Pflichten der Mannschaften zuwiderlaufen 
würden. 
Res. 7. April 1893 (M. Bl. S. 99): Die Gendarmen bedürfen zur Annahme 
von Prämien für ermittelte Kontraventionen der Telegraphen-= Anlagen in jedem 
Falle der Genehmigung der vorgesetzten Civilbehörde im Einvernehmen des Distriks- 
Offiziers. Für Ermittelung von Post-Kontraventionen ist die Annahme von Prämien 
durch den Erl. 14. Okt. 1877 ein für alle Mal gestattet. 
1) Der Auftrag, in Civilkleidern Dienste zu leisten, ist den Gendarmen nur 
höchst selten, und nur in sehr dringenden Fällen, z. B. zur Ausmittelung und Ver- 
haftung besonders gefährlicher Verbrecher u. dergl. zu ertheilen und ist dann auch für 
die erforderliche Civilkleidung zu sorgen, indem diese Ausgabe den Gendarmen nicht 
zugemuthet werden kann, Res. 7. Sept. 1824 (A. 866). · . » 
2) Die Gendarmen dürfen ihren Patronilleubezirk ohne Anweisung ihrer Dienst- 
vorgesetzten nur in dem Falle des §. 21 verlassen, Res. 26. Jan. 1882 (M. Bl. S. 37).
	        
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