Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

584 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. 
Der Versuch eines Vergehens wird jedoch nur in den Fällen bestraft, in 
welchen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt ). 
§. 44. Das versuchte Verbrechen oder Vergehen ist milder zu bestrafen, 
als das vollendete. 
Ist das vollendete Verbrechen mit dem Tode oder mit lebenslänglichem 
Zuchthaus bedroht, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein, neben 
welcher auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden kann. 
Ist das vollendete Verbrechen mit lebenslänglicher Festungshaft bedroht, so 
tritt Festungshaft nicht unter drei Jahren ein. 
In den übrigen Fällen kann die Strafe bis auf ein Viertheil :) des 
Mindestbetrages der auf das vollendete Verbrechen oder Vergehen angedrohten 
Freiheits= und Geldstrafe ermäßigt werden. Ist hiernach Zuchthausstrafe unter 
einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des §. 21 in Gefängniß 
zu verwandeln. 
§. 45. Wenn neben der Strafe des vollendeten Verbrechens oder Ver- 
gehens die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zulässig oder geboten ist, 
oder auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden kann, so gilt Gleiches 
bei der Versuchsstrafe. *s*½•.7 
§. 46. Der Versuch als solcher bleibt straflos, wenn der Thäter 
1. die Ausführung der beabsichtigten Handlung aufgegeben hat, ohne daß 
er an dieser Ausführung durch Umstände gehindert worden ist, welche 
von seinem Willen unabhängig waren, oder 
2. zu einer Zeit, zu welcher die Handlung noch nicht entdeckt war, den 
Eintritt des zur Vollendung des Verbrechens und Vergehens gehörigen 
Erfolges durch eigene Thätigkeit ?) abgewendet hat. 
Dritter Abschnitt. Theilnahme. 
§. 47, Wenn Mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausführen, 
so wird Jeder als Thäter bestraft“). „ 
§. 48. Als Anstifter wird bestraft, wer einen Anderen zu der von dem- 
selben begangenen strafbaren Handlung durch Geschenke oder Versprechen durch 
Drohung, durch Mißbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche 
Herbeiführung oder Beförderung eines Irrthums oder durch andere Mittel 
vorsätzlich bestimmt hat. 
Die Strafe des Anstifters ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, welches 
auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich angestiftet hat ?). 
§. 49. Als Gehülfe wird bestraft, wer dem Thäter zur Begehung des 
Verbrechens oder Vergehens durch Rath oder That wissentlich Hülfe geleistet hat"). 
1) S§. 107, 120, 140, 141, 148, 150, 160, 169, 240, 242, 246, 253, 289, 
303—305, 339, 350, 352. Strafbarkeit bei untauglichem Objekt und Miteel, 
E. Crim. I. 439, 451; XVII. 350, 352. Begriff des Versuches IX. 81; XVIII. 
82; XIX. 90. 
Die Annahme eines Versuchs der Beihülfe ist ausgeschlossen, E. Crim. XI. 56. 
*:) Die Bestimmung des §. 49 in Verbindung mit §. 44, wonach die Strafe 
der Beihülfe bis auf ein Viertheil des Mindestbetrages der auf das vollendete Ver- 
gehen angedrohten Geldstrafe ermäßigt werden kann, findet ihre Beschränkung in 
§. 27, wonach der Mindestbetrag der Geldstrafe bei Verbrechen und Vergehen 3 Mk. 
ist, Erk. 22. Juni 1885 (E. K. VI. 296). Ein Viertheil eines Monats sind 8 Tage, 
nicht eine Woche, E. Crim. V. 442. " 
2:) Auch wenn ein Beauftragter zu der Thätigkeit veranlaßt wird, E. Crim. XV. 44. 
4!) Doch muß jeder im bewußten Zusammenwirken mit dem Anderen gehandelt 
haben. Mitthäterschaft liegt nicht vor, wenn der Eine von dem Mithandeln des 
Anderen nichts wußte, E. Crim. XXIII. 196. Sie ist also durch Einverständniß 
bedingt, XXI. 267. Z . . 
s)DerVeriuchderAusttftnngistnurmbestcmmtenFällenstrafbak,E.Crim. 
XI. 56, vergl. 88. 49a, 85, 110—112, 141, 159, 160, 357. 
6) Und zwar, soweit sein Vorsatz geht und zur Verwirklichung gelangt, E. Crim. 
XXI. 93; vergl. XVI. 25; XV. 315 (Beihülfe liegt nicht vor, wenn absichtlich 
ungeeignete Mittel verschafft sind). 
 
	        
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