Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. 585 
Die Strafe des Gehülfen ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, welches 
auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich Hülfe geleistet 
hat, jedoch nach den über die Bestrafung des Versuches aufgestellten Grundsätzen 
zu ermäßigen. 
§. 49a. Wer einen anderen zur Begehung eines Verbrechens oder zur 
Theilnahme an einem Verbrechen auffordert, oder wer eine solche Aufforderung 
annimmt, wird, soweit nicht das Gesetz eine andere Strafe androht, wenn das 
Verbrechen mit dem Tode oder mit lebenslänglicher Zuchthausstrafe bedroht ist, 
mit Gefängniß nicht unter drei Monaten, wenn das Verbrechen mit einer ge- 
ringeren Strafe bedroht ist, mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit 
Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. 
Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher sich zur Begehung eines Ver- 
brechens oder zur Theilnahme an einem Verbrechen erbietet, sowie denjenigen, 
welcher ein solches Erbieten annimmt. 
Es wird jedoch das lediglich mündlich ausgedrückte Auffordern oder Er- 
bieten, sowie die Annahme eines solchen nur dann bestraft, wenn die Auffor- 
derung oder das Erbieten an die Gewährung von Vortheilen irgend welcher 
Art geknüpft worden ist. 
Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte 
und auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. 
§. 50. Wenn das Gesetz die Strafbarkeit einer Handlung nach den per- 
sönlichen Eigenschaften oder Verhältnissen desjenigen, welcher dieselben begangen 
hat, erhöht oder vermindert, so sind diese besonderen Thatumstände dem Thäter 
oder demjenigen Theilnehmer (Mitthäter, Anstifter, Gehülfe) zuzurechnen, beie 
welchem sie vorliegen. 
Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen 
oder mildern. 
§. 51. Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Thäter zur 
zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Bewußtlosigkeit 
oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit befand, durch welchen seine freie 
Willensbestimmung 1) ausgeschlossen war. 
§. 52. Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden 2), wenn der Thäter 
durch unwiderstehliche Gewalt oder durch eine Drohung, welche mit einer gegen- 
wärtigen, auf andere Weise nicht abwendbaren Gefahr für Leib oder Leben 
seiner * oder eines Angehörigen verbunden war, zu der Handlung genöthigt 
worden ist. 
Als Angehörige im Sinne dieses Strafgesetzes sind anzusehen Verwandte 
und Verschwägerte auf= und absteigender Linie, Adoptiv= und Pflege-Eltern 
und Kinder, Ehegatten, Geschwister und deren Ehegatten und Verlobte#). 
1) Wenn Personen, welche wegen Vergehen unter Anklage gestellt waren, unzu- 
rechnungsfähig befunden und nach Ueberweisung an die Polizeibehörde in Irrenhäusern 
untergebracht werden, so haben die Polizeibehörden, sofern Personen mit verbrecherischen 
Gewohnheiten für unzurechnungsfähig erklärt worden sind, wegen der Art und Weise 
ihrer Unterbringung dem Regierungspräsidenten in jedem Falle von Amtswegen 
Bericht zu erstatten, Res. 25. Jan. 1887 (M. Bl. S. 63). 
Dem Richter ist keineswegs der Beweis der Unzurechnungsfähigkeit voll zu 
erbringen, vielmehr muß Freisprechung erfolgen, wenn die Zurechnungsfähigkeit nicht 
voll erwiesen ist, E. Crim. XXI. 331. Die Handlungsfähigkeit muß zur Zeit der 
That vorhanden sein, nicht zu der des Erfolges, E. Crim. XXII. 414. 
Die Beihülfe ist straflos, mag der Gehülfe die Unzurechnungsfähigkeit gekannt 
haben oder nicht, E. Crim. XI. 56. 
:) Ein Schuldausschließungsgrund im Sinne des §. 52 ist daraus, daß ein 
untergeordneter Beamter dem Besehle seines Dienstvorgesetzten gehorcht hat, nicht zu 
entnehmen, E. Crim. VI. 440; XVI. 433. ç 
Anu 9 Thverfrrechen eines Verheiratheten begründet kein Verlöbniß, E. Crim.
	        
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