Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

598 Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Widerstand gegen die Staatsgewalt. 
oder wer einen solchen Beamten während der rechtmäßigen Ausübung seines 
Amtes thätlich angreift, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu zwei 
Jahren bestraft. * Z 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu einem 
Jahre oder Geldstrafe bis zu eintausend Mark ein. 
Dieselben Strafvorschriften treten ein, wenn die Handlung gegen Personen, 
welche zur Unterstützung 0 des Beamten zugezogen waren, oder gegen Mannschaften 
der bewaffneten Macht, oder gegen Mannschaften einer Gemeinde-, Schutz= oder 
Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird. „ 
§. 114. Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde 
oder einen Beamten zur Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung zu 
nöthigen, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Z 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu zwei 
Jahren ein. 
kur 115. Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung, bei welcher eine der 
in den 8§. 113 und 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften begangen 
wird, Theil nimmt, wird wegen Aufruhrs mit Gefängniß nicht unter sechs 
Monaten bestraft?). 
Die Rädelsführer, sowie diejenigen Aufrührer, welche eine der in den §§. 113 
und 114 bezeichneten Handlungen begehen, werden mit Zuchthaus bis zu zehn 
Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizei-Aufssicht erkannt werden. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs 
Monaten ein. 
§. 116. Wird eine auf öffentlichen:) Wegen, Straßen oder Plätzen ver- 
sammelte Menschenmenge von dem zuständigen Beamten oder Befehlshaber 
der bewaffneten Macht aufgefordert!), sich zu entfernen, so wird jeder der Ver- 
  
Zu Anmerkung 2 auf S. 597. 
des Angegriffenen stattfinden, Erk. R. G. 1882 (E. Crim. VII. 301). In casu 
hatte der Angeschuldigte mit der Hand ausgeholt, um den Beamten zu schlagen, er 
wurde aber an Ausführung des Schlages dadurch verhindert, daß ein Dritter ihm in 
den Arm fiel. 
Auch in dem Einschließen eines mit der Ausführung einer Vollstreckungshandlung 
befaßten Vollstreckungsbcamten behufs Verhinderung der Amtshandlung kann eine Ge- 
walt im Sinne des §. 113 gefunden werden, Erk. R. G. 5. Nov. 1895 (E. Crim. 
XXVII. 405). 
1) Die zur Unterstützung der Gemeinde-Vorstände in der Ausübung ihrer ge- 
setzlichen Befugnisse bestimmten Gemeindediener sind als zur Vollstreckung von Gesetzen 
berufene Beamte anzusehen und thätliche Angriffe gegen dieselben während der recht- 
mäßigen Ausübung des Amtes als Vergehen gegen 8. 113 zu bestrafen, Erk. 20. Febr. 
1875 (M. Bl. S. 205). 
Die Gendarmen sind den Mitgliedern der bewaffneten Macht gleichgestellt, Opp. 
Anm. 49 zu §. 113, Erk. O. Trib. 4. Okt. 1873 (J. M. Bl. S. 309). 
Wegen Anwendbarkeit des §. 113 auf freiwillige Feuerwehren vergl. Res. 30. Mai 
1884 (M. Bl. S. 161). 
2) Der Beweggrund der Neugierde entschuldigt nicht, E. Crim. XX. 403, 405. 
3) Ueber den Begriff der Oeffentlichkeit vergl. E. Crim. XXI. 13 u. 370. 
4) Ein Gendarm ist ein Beamter und als solcher, selbst wenn er aus eigenem 
Antriebe thätig ist, befugt, bei einem Auflauf die Aufforderung, sich zu entfernen, an 
die versammelte Menschenmenge zu erlassen, Erk. O. Trib. 4. Okt. 1873 (J. M. Bl. 
S. 309). 
Ob ein Polizei-Sergeant oder ein sonstiger dem eigentlichen Träger der örtlichen 
Polizeigewalt untergeordneter Polizeibediensteter im Sinne des §S. 116 als „Zuständiger“ 
Beamter bezeichnet werden darf, wird in Ermangelung besonderer Bestimmungen der 
Regel nach davon abhängig zu machen sein, ob derselbe thatsächlich so viel Selb- 
ständigkeit in der Ausübung seiner amtlichen Funktionen besitzt, um unter eigener 
Verantwortlichkeit die für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung 
unmittelbar erforderlichen Anordnungen treffen zu dürfen, Erk. R. G. 15. März 1882 
(E. Crim. VI. 91). Dasselbe gilt von Schutzmännern, Erk. 12. Okt. 1885 (E. Crim. 
XII. 428).
	        
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