Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. Meineid. 609
3. ein Beamter eine amtliche Versicherung unter Berufung auf seinen
Diensteid ) abgiebt.
„§. 156. Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eidesstatt
zuständigen Behörde eine solche Versicherung:2) wissentlich falsah abgiebt oder
unter Berufung auf eine solche Versicherung wissentlich falsch aussagt, wird mit
Gefängniß von einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.
§. 157. Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineides
(§§. 154, 155) oder einer falschen Versicherung an Eidesstatt schuldig gemacht,
so ist die an sich verwirkte Strafe auf die Hälfte bis ein Viertheil zu er-
mäßigen, wenn
1. die Angabe der Wahrheit gegen ihn selbst eine Verfolgung wegen eines
Verbrechens oder Vergehens nach sich ziehen konnte, oder
2. der Aussagende die falsche Aussage zu Gunsten einer Person, rücksicht-
lich welcher er die Aussage ablehnen 2) durfte, erstattet hat, ohne über
sein Recht, die Aussage ablehnen zu dürfen, belehrt worden zu sein.
Ist hiernach Zuchthausstrafe unter einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe
nach Maßgabe des §. 21 in Gefängnißstrafe zu verwandeln. Z
§. 158. Gleiche Strafermäßigung tritt ein, wenn derjenige, welcher sich
eines Meineides oder einer falschen Versicherung an Eidesstatt schuldig ge-
macht hat, bevor eine Anzeige gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen
ihn eingeleitet und bevor ein Rechtsnachtheil für einen Anderen aus der falschen
Aussage entstanden ist, diese bei derjenigen Behörde, bei welcher er sie abge-
geben hat, widerruft. .
§. 159. Wer es unternimmt, einen Anderen zur Begehung eines Mein-
eides zu verleiten, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, und wer es unter-
nimmt, einen Anderen zur wissentlichen Abgabe einer falschen Versicherung an
Eidesstatt zu verleiten, mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft.
§. 160. Wer einen Anderen zur Ableistung eines falschen Eides verleitet,
wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Verlust
der bürgerlichem Ehrenrechte erkannt werden kann, und wer einen Anderen zur
Ableistung einer falschen Versicherung an Eidesstatt verleitet, wird mit Ge-
fängniß bis zu sechs Monaten bestraft.
Der Versuch ist strafbar.
5. 161. Bei jeder Verurtheilung wegen Meineides, mit Ausnahme der
Fälle in den §§. 157 und 158, ist auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte
und außerdem auf die dauernde Unfähigkeit des Verurtheilten, als Zeuge oder
Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, zu erkennen 0. #„
In den Fällen der §§. 156 bis 159 kann neben der Gefängnißstrafe auf
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
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1) Zur Anwendbarkeit dieser Strafbestimmung ist erforderlich, daß die falsche
Aussage auch eine amtliche in dem Sinne sei, daß sie ihrem Gegenstande nach
unmittelbar das Amt betrifft, Erk. 13. Nov. 1854 (E. XXX. 340).
Die im amtlichen Verkehr zwischen Vorgesetzten und Untergebenen abgegebene
falsche diensteidliche Versicherung eines Beamten kann nicht als Meineid bestraft
werden, Erk. O. Trib. 30. Mai 1878 (E. LXXKX. 340).
Die Immediat-Examinations-Kommissionen gehören zu den öffentlichen Behörden
im Sinne dieses Paragraphen Erk. 19. Nov. 1856 (E. XXXIV. 321).
2) Versicherungen an Eidesstatt müssen äußerlich und ihrem Inhalte nach wirk-
lich an Eidesstatt ausgestellt oder abgegeben sein, E. Crim. XV. 126; mündlich oder
schtiftlich VII. 287; XVIII. 414; XXII. 267; XXIII. 171. Die betr. Behörde
muß zuständig sein, gerade über den Gegenstaud, auf den sich die eidesstattliche Ver-
sicherung bezieht, eine solche zu erfordern oder entgegenzunehmen. Nicht nöthig ist,
daß sie im bestimmten Falle erfordert werden durfte oder mit Recht erfordert war,
E. Crim. XIII. 161; XVIII. 309; XIX. 414; XX. 241.
2) Wegen der Personen, welche ihr Zeugniß verweigern dürfen, vergl. Str. P.
O 58/. 51, 52, 54, 57, 72, 76 und C. P. O. 348, 349, 367 und 373.
4) Zum richterlichen Eide (5. 437 C. P. O.) wird der Verurtheilte dadurch
grundsätzlich nicht unfähig, Blums Ann. des Reichsgr. in Civ. Sachen I. 377.
Illing-Kautz, Handbuch I, 7. Aufl. 59