Abschnitt X. Strafregister. 713
1. bei den von den Landesregierungen zu bestimmenden Behörden bezüglich aller
Personen, deren Geburtsort im Bezirke derselben gelegen ist. Die Aufsicht und
Leitung der Registerführung liegt in allen Fällen der Staatsanwaltschaft bei
den Landgerichten ob;
2. bei dem Reichs-Justizamt bezüglich derjenigen Personen, deren Geburtsort
außerhalb des Reichsgebietes belegen oder nicht zu ermitteln ist.
§. 2. In die Register sind aufzunehmen alle durch richterliche Strafbefehle,
durch polizeiliche Strafverfügungen, durch Strafurtheile der bürgerlichen Gerichte ein-
schließlich der Konsulargerichte, sowie durch Strafurtheile der Militärgerichte ergehenden
Verurtheilungen wegen Verbrechen, Vergehen und wegen der im §. 361 1) Nr. 1 bis 8
des Strafgesetzbuchs vorgesehenen Uebertretungen.
Ausgenommen sind die Verurtheilungen:
1. in den auf Privatklage verhandelten Sachen,
2. in Forst= und Feldrügesachen,
3. wegen Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über Erhebung öffentlicher Ab-
gaben und Gefälle,
4. wegen der militärischen Verbrechen und Vergehen wider die 8§. 62 bis 68, 79,
80, 84 bis 90, 92 bis 95, 101 bis 104, 112 bis 120, 132, 139, 141 bis
144, 146, 147, 150 bis 152 des Militärstrafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872.
§. 3. In die Register sind ferner aufzunehmen:
1. die auf Grund des §. 362 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs ergehenden Beschlüsse
der Landespolizeibehörden über die Unterbringung verurtheilter Personen in ein
Arbeitshaus oder deren Verwendung zu gemeinnützigen Arbeiten?),
2. die aus dem Auslande eingehenden Mittheilungen über dort erfolgte Ver-
urtheilungen.
§. 4. Den Landesregierungen bleibt es unbenommen, in die §. 1 Nr. 1 be-
zeichneten Register auch andere, den Zwecken der Strafrechtspflege oder der Polizei
dienliche Nachweisungen aufnehmen zu lassen.
Mittheilung der zu registrirenden Entscheidungen.
§. 5. Die Mittheilung 3) zum Zwecke der Registrirung erfolgt:
1. bei Verurtheilungen, mit Ausnahme der militärgerichtlichen, nach Eintritt der
Rechtskraft durch diejenige Behörde, welche die Strafvollstreckung zu veranlassen
Zu Anmerkung 2 auf S. 712.
Registerbehörde ist die Staatsanwaltschaft bei dem Landgerichte. Die Aufsicht
über die Registerbehörde führt unter Leitung des Juflizministers der Oberstaats-
anwalt, Nr. 7 Ausf. Verf. 7. Sept. 1896.
Die Polizeibehörden sind nur im Falle des §. 131 Abs. 2 Str. P. O. zum
Erlaß von Steckbriefen befugt. Sie sollen sich hierbei der Strafregister bedienen,
Res. 27. Nov. 1887 (M. Bl. S. 271).
Die Strafregister find mit Bezug auf die Identität der darin genannten be-
straften Personen nicht als öffentliche Urkunden im Sinne des §. 271 R. Str. G. B.
anzusehen, Rechtspr. IX. 432.
1) In Fällen, in welchen Jemandem auf Grund des §. 362 R. Str. G. B.
der Aufenthalt im diesseitigen Staatsgebiete untersagt, bezw. auf Grund des §. 362
die Ausweisung eines Ausländers aus dem Reichsgebiet verfügt worden ist, bedarf es
nicht der Mittheilung an die Registerbehörde, Res. 10. März 1883 (M. Bl. S. 66).
:2) Auch wenn die Nachhaft in Folge erst später bekannt gewordener Vorbestra-
sungen oder auf Grund schlechter Führung durch neue Beschlüsse erhöht wird, Res.
13. Sept. 1894 (M. Bl. S. 151).
2) Die auf Grund der 88. 5 und 7 Nr. 2 Seitens der Landesbehörden an das
Reichsjustizamt zu richtenden Postsendungen sind nicht portopflichtig (. 2 Reichsges.
5. Juni 1869) und mit der Bezeichnung „Reichsdienstsache“ zu versehen, Res. 9. Sept.
1882 (M. Bl. 1883 S. 12). 6 #
Dem Ersuchen einer deutschen Behörde, telegraphisch Auskunft zu ertheilen, ist
ausnahmslos zu entsprechen. Gehören die ersuchende und die ersuchte Behörde ver-
schiedenen Bundesstaaten an, so sind die durch die Auskunftertheilung entstehenden
Telegraphengebühren der ersuchten Behörde zu erstatten. Im Uebrigen dürfen für
die Erledigung der Ersuchen deutscher Behörden um Auskunftertheilung Gebühren