Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XIV. Genossenschafts-Gesetz. 859 
seit dem Tage vollzogen werden, an welchem die Aufforderung der Gläubiger 
in den hierzu bestimmten Blättern (8. 80 Abs. 2) zum dritten Male erfolgt s 
Nicht erhobene Schuldbeträge, sowie die Betraͤge für betagte oder streitige 
lrrrungen sind zurückzubehalten. Dasselbe gilt von schwebenden Verbind- 
ichkeiten. 
Liquidatoren, welche diesen Vorschriften zuwiderhandeln, sind außer der 
Genossenschaft den Gläubigern zum Ersatze des ihnen daraus erwachsenden 
Schadens persönlich und solidarisch verpflichtet. Die gleiche Verpflichtung trifft 
die Mitglieder des Aufsichtsraths, wenn die Zuwiderhandlung mit ihrem Wissen 
und ohne ihr Einschreiten geschieht. Die Verpflichtung wird den Gläubigern 
egenüber dadurch nicht aufgehoben, daß die Zuwiderhandlung auf einem Be- 
schlusse der Generalversammlung beruht. - 
§. 89. Die Vertheilung des Vermögens unter die einzelnen Genossen er- 
folgt bis zum Gesammtbetrage ihrer auf Grund der ersten Liquidationsbilan 
(C. 87) ermittelten Geschäftsguthaben nach dem Verhältniß der letzteren. Bei 
Ermittelung der einzelnen Geschäftsguthaben bleiben für die Vertheilung des 
Gewinnes oder Verlustes, welcher sich für den Zeitraum zwischen der letzten 
Jahresbilanz (§. 31) und der ersten Liquidationsbilanz ergeben hat, die seit der 
letzten Jahresbilanz geleisteten Einzahlungen außer Betracht. Der Gewinn aus 
diesem Zeitraum ist dem Guthaben auch insoweit zuzuschreiben, als dadurch der 
Geschäftsantheil überschritten wird. 
Ueberschüsse, welche sich über den Gesammtbetrag dieser Guthaben hinaus 
ergeben, sind nach Köpfen zu vertheilen. 
Durch das Statut kann die Vertheilung des Vermögens ausgeschlossen 
oder 1) ein anderes Verhältniß für die Vertheilung bestimmt werden. 
s. 89a. Ein bei der Auflösung der Genossenschaft verbleibendes unver- 
theilbares Reinveriögen (§. 89 Abs. 3) fällt, sofern dasselbe nicht durch das 
Statut einer physischen oder juristischen Person zu einem bestimmten Ver- 
wendungszweck überwiesen ist, an diejenige Gemeinde, in der die Genossenschaft 
ihren Sitz hatte. Die Zinsen dieses Fonds sind zu gemeinnützigen Zwecken 
zu verwenden:2). 
§. 90. Nach Beendigung der Liquidation sind die Bücher und Schriften 
der aufgelösten Genossenschaft für die Dauer von 10 Jahren einem der gewesenen 
Genossen oder einem Dritten in Verwahrung zu geben. Der Genosse oder 
der Dritte wird in Ermangelung einer Bestimmung des Statuts oder eines 
Beschlusses der Generalversammlung durch das Gericht (§. 10) bestimmt. 
Dasselbe kann die Genossen und deren Rechtsnachfolger, sowie die Gläubiger 
der Genossenschaft zur Einsicht der Bücher und Schriften ermächtigen. 
  
  
Siebenter Abschnitt. Konkursverfahren und Haftpflicht 
der Genossen. 
§. 91. Das Konkursverfahren findet im Falle der Zahlungsunfähigkeit, 
nach Auflösung der Genossenschaft auch im Falle der Ueberschuldung statt. 
Nach Auflösung der Genossenschaft ist die Eröffnung des Verfahrens so 
lange zulässig, als die Vertheilung des Vermögens nicht vollzogen ist. 
z. 92. Sobald die Zahlungsunfähigkeit der Genossenschaft eintritt, hat 
der Vorstand die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen; dasselbe 
gilt, wenn bei oder nach Auflösung der Genossenschaft aus der Jahresbilanz 
oder hus einer im Laufe des Jahres aufgestellten Bilanz Ueberschuldung sich 
ergiebt. ç 
Die Mitglieder des Vorstandes sind der Genossenschaft zum Ersatz einer 
nach diesem Zeitpunkte geleisteten Zahlung nach Maßgabe des §. 32 verpflichtet. 
Jrhie Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in 
5 Jahren. 
§. 93. Zu dem Antrage auf Eröffnung des Verfahrens ist außer den 
Konkursgläubigern jedes Mitglied des Vorstandes berechtigt. 
1) Art. 1, 4 Ges. 12. Aug. 1896 (R. G. Bl. S. 695). 
2) Art. 1, 5 a. a. O.
	        
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