Abschnitt XXXVII. Anw. zur Ausf. des Kommunalabgaben-Gesetzes. 1003
Es wird sich jedoch empfehlen, bei der Vertheilung des Steuerbedarfs an den
Regeln im §. 54 thunlichst festzuhalten und Abweichungen nur bei zweifelsfreier Be-
gründung zuzulasfsen. Eine solche Beschränkung ist um so nothwendiger, als eine
scharfe Sonderung und zahlenmäßige Darstellung des Interesses, welches für die ein-
zelnen Gemeindeangehörigen an den verschiedenen Aufwendungen der Gemeinde
besteht, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht durchzuführen ist und ein
von dem empfohlenen abweichendes Verfahren leicht zu einer dem Gemeinwoble
schädlichen Bildung starker Interessengegensätze führen kann. *l
III. Vertheilung des durch Realsteuern aufzubringenden Bedarfs auf die
verschiedenen Realsteuern (§. 56).
1. Zur Deckung des durch Realsteuern aufzubringenden Bedarfs sind die vom
Staate veranlagten Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuern in de: Regel mit dem
gleichen Prozentsatze heranzuziehen.
Genießen jedoch die Grund-= (Haus-) Besitzer oder die Gewerbetreibenden
von Beranstaltungen der Gemeinde besondere Vortheile, oder verursachen sie der Ge-
meinde besondere Kosten, so ist — sofern die Ausgleichung nicht nach §§. 4, 9, 10
oder 20 erfolgt — der durch die Realsteuern aufzubringende Steuerbedarf auf die
Steuern vom Grund- (Haus-) Besitz und Gewerbebetrieb, in Prozenten der veranlagten
Realstenern berechnet, anderweitig entsprechend unterzuvertheilen, jedoch dürfen Grund-
und Gebäudesteuer höchstens doppelt so stark herangezogen werden, wie die Gewerbe-
stener, und umgekehrt. Eine Ausnahme hiervon kann nur aus besonderen Gründen
und zwar von den zuständigen Ministern zugelassen werden.
3. Die Bestimmungen wegen Vertheilung des Stenerbedarfs auf die Grund-
und Gebäudesteuer einerseits und die Gewerbesteuer andererseits finden finnentsprechende
Anwendung auf die Heranziehung der Grundstener in ihrem Verhältniß zur Ge-
bäudesteuer und umgekehrt.
4. Jede von der Regel abweichende, d. h. ungleichmäßige Heranziehung der
Grund= und Gebäudesteuer in ihrem Verhältniß zur Gewerbesteuer oder der Grund-
stener in ihrem Verhältniß zur Gebändesteuer und umgekehrt bedarf der Genehmigung.
Bei Prüfung der entsprechenden Beschlüsse der Gemeinden wird es sich in analoger
Anwendung der augegebenen Gesichtspunkte auch in diesem Falle empfeblen, an der
von dem Gesetze als Regel bezeichneten Borschrift so lange festzuhalten, als eine Ab-
weichung von derselben nicht zweifelsfrei begründet ist.
5. Der aus stenerlicher Bor= oder Mehrbelastung (F. 20) sich ergebende Betrag
ist stets auf den Bedarf derjenigen Stenerart anzurechnen, auf welche sich die Bor-
oder Mehrbelastung bezieht.
B. Formelles Recht.
Beschlußfassung der Gemeinde (§. 59).
Art. 40. Ueber die Vertheilung des Steuerbedarfs auf die Gesammtheit der
Realsteuern und auf die Einkommensteuer, sowie üÜber die Vertheilung des auf die
Gesammtheit der Realstenern entfallenden Bedarfs auf die einzelnen Arten der Real=
stenern hat die Gemeinde thunlichst vor Beginn des Rechnungsjahres, spätestens aber
bis zum Ablaufe der drei ersten Monate defselben, Beschluß zu fassen, das erste Mal
für das Rechnungsjahr 1895/96.
Die Beschlußfassung erstreckt sich auf die für die Gemeinde maßgebende Rechnungs-
periode (§. 95); sie kann jedoch, wenn die für die Bertheilung des Steuerbedarfs
maßgebenden Boraussetzungen erheblichen Schwankungen nicht unterworfen sind,
ler wrer Rechnungsperioden oder auch dauernd bis auf anderweitige Bestimmung
olgen.
Kommt bis zum Ablaufe der drei ersten Monate des Rechnungsjahres ein gültiger
Beschluß über die Vertheilung des Stenerbedarfs nicht zu Stande, so werden behufe
Deckung des Steuerbedarfs, ohne daß jedoch die zu Recht bestehenden Steuerordnungen
hierdurch ihre Geltung verlieren, die Realstenern mit einem um die Hälfte höheren
Prozentsatze als die Einkommensteuer, unter sich nach gleichen Prozentsätzen, heran-
gezogen. Wird daher auf Grund einer bestehenden Stenerordnung an Realsteuer
oder an Gemeinde--Einkommensteuer mehr aufgebracht, als die eine oder andere Art
dieser Steuern nach dem angegebenen Verhältnisse von 3:2 aufzubringen hätte, so