Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Gewerbliche Arbeiter. 95
Der Vorstand des Innungsverbandes hat jedoch die während des Konkurs-
verfahrens dem Gemeinschuldner zustehenden Rechte wahrzunehmen.
§. 104m. Bei der statutmäßig beschlossenen Auflösung eines Innungs-
verbandes wird die Abwickelung der Geschäfte, sofern die Verbandsvertretung
nicht anderweitig beschließt, durch den Vorstand unter Aufsicht der im S. 104k
bezeichneten Behörde vollzogen. Genügt der Vorstand seiner Verpflichtung
nicht, oder tritt die Schließung auf Grund des §. 104 f oder des §. 1041
ein, so erfolgt die Abwickelung der Geschäfte durch einen Beauftragten der
Aufsichtsbehörde.
Von dem Zeitpunkte der Auflösung oder Schließung ab bleiben die
Verbandsmitglieder auch für diejenigen Zahlungen verhaftet, zu welchem sie
statutarisch für den Fall eigenen Ausscheidens aus den Verbandsverhältnissen
verpflichtet sind. Das Recht, diese Beiträge auszuschreiben und einzuziehen, steht
dem mit Abwickelung der Geschäfte Beauftragten zu.
§. 1041. Im Falle der Auflösung oder Schließung des Innungs-
verbandes muß sein Vermögen zuvörderst zur Berichtigung seiner Schulden
und zur Erfüllung seiner sonstigen Verbindlichkeiten verwendet werden. War
dasselbe bisher ganz oder theilweise zur Fundirung von Unterrichtsanstalten
oder zu anderen öffentlichen Zwecken bestimmt, so darf der nach Berichtigung
er Schulden übrig bleibende Theil des Vermögens dieser Bestimmung nicht
entzogen werden; über seine fernere Verwendung wird von der im §. 104b
bs. 1 bezeichneten Behörde Anordnung getroffen.
Bedarf es zum Fortbestande der von dem Innungsverband errichteten
Unterrichtsanstalten oder Unterstützungskassen als selbständiger Anstalten der
zenehmigung des Landesherrn oder einer Behörde des Staates, in welchem
ce fernere Verwaltung der Anstalt stattfinden soll, so hat die im vorstehenden
Absatze bezeichnete Behörde diese Genehmigung herbeizuführen.
Das hiernach verbleibende Reinvermögen des Innungsverbandes wird,
soweit die Verbandsvertretung nicht anders beschließt, unter die Innungen,
welche dem Verbande zur Zeit der Auflösung oder Schließung angehört haben,
nach dem Verhältniß der von ihnen an den Verband in dem der Auflösung oder
schließung vorangegangenen Jahre geleisteten Beiträge vertheilt. Streitigkeiten
hierüber werden von der im §. 104 k bezeichneten Stelle endgültig entschieden.
Titel VII
lin der Fafsung des Gesetzes vom 1. Juni 1891 (R. G. Bl. S. 2619].
Gewerbliche Arbeiter
(Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge, Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker,
Fabrikarbeiter) #.
I. Allgemeine Verhältnisse.
§. 105. Die Festsetzung der Verhältnisse zwischen den selbständigen Ge-
werbetreibenden und den gewerblichen Arbeitern ist, vorbehaltlich der durch
eichsgesetz begründeten Beschränkungen, Gegenstand freier Uebereinkunft?).
—„ — —
41) Litteratur: v. Rüdiger, Sonntagsruhe im Handelsgewerbe, Joel, Arbeiter-
schutzgeset 1895, Büttner, Sonntagsruhe 1895. Z
Gewerbliche Arbeiter find jetzt alle in einem gewerblichen Unternehmen auf
Grund eines Vertragsverhältnisses für Zwecke des Gewerbebetriebes als Gesellen,
Gehülfen, Lehrlinge, Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker, Fabrikarbeiter oder in
ahulichen Stellungen beschäftigten Personen, ohne Unterschied, ob das Dienstverhältniß
fiakernd oder nur vorübergehend besteht, ob die Löhnung nach Zeit oder Leistungen
attfindet, ob die Personen Arbeiten verrichten, die technische Keuntnisse verlangen,
veer andere Arbeiten. Doch werden Personen mit höherer künstlerischer oder wissen-
chaftlicher Ausbildung regelmäßig nicht hierhergehören. Vergl. aber E. Civ. XVII.
(Künstler als Gewerbegehülfen).