1048 Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen.
Heranziehung der Forensen#), juristischen Personen u. s. w. zu den Kreisabgaben.
§. 14. Diejenigen physischen Personen, welche, ohne in dem Kreise einen
Wohnsitz zu haben, beziehungsweise in demselben zu den persönlichen Staats-
steuern veranlagt zu sein, in demselben Grundeigenthum ## besitzen?), oder ein
stehendes Gewerbes), oder außerhalb einer Gewerkschaft Bergbau") betreiben
1) Zu den Foreusen des 8. 14 gehören nicht nur diejenigen physischen Personen,
die, ohne im Kreise einen Wohnsitz zu haben, in ihm Grundeigenthum besitzen oder
ein stehendes Gewerbe oder außer einer Gewerkschaft Bergbau betreiben, sondern auch
diejenigen physischen Personen, die, ohne in dem Kreise zu den persönlichen Staats-
steuern veranlagt zu sein, in ihm einen Wohnsitz zu haben und zugleich Grund-
eigenthum besitzen oder ein stehendes Gewerbe (d. h. auch Pacht) oder außerhalb
einer Gewerkschaft Bergbau betreiben, Erk. 9. Mai 1875 (E. O. B. I. 37) und
31. Jan. 1877 (E. O. V. II. 33).
Wer in mehreren Kreisen einen Wohnsitz hat, gilt in dem Kreise, wo er nicht
zu den Staatssteuern veranlagt ist, als Forense, E. O. V. VIII. 19, XVI. 36.
Die Kreis-Ordnung kennt nur den Begriff der Kreisforensen, nicht auch den der
Gemeindeforensen. Es ist daher auch der Kreisausschuß nicht berechtigt, Grundbesitzer
einer Gemeinde, die in einer anderen Gemeinde des Kreises ihren Wohnsitz haben,
von dem Einkommen aus ihrem Grundbesitze fingirt zur Klassen= oder Einkommen-
steuer zu veranlagen und den veranlagten Steuerbetrag der Gemeinde, in deren Bezirk
der Grundbesttz gelegen ist, bei der Berechnung ihres Kreisabgaben-Solls mit in An-
satz zu bringen. Hieraus folgt wiederum andererseits, daß die Klassen= oder Ein-
kommenstener eines Cenfiten in ihrem vollen Betrage bei der Berechnung des Kreis-
abgaben-Solls derjenigen Gemeinde in Ansatz zu bringen ist, in der er wohnt, be-
iehungsweise zu den persönlichen Staatssteuern veranlagt ist, auch wenn er sein
Rrnerpflichuiges Einkommen oder einen Theil davon ans Grundbesfitz bezieht, der in
einer anderen Gemeinde desselben Kreises belegen ist, Erk. O. V. G. 19. Sept.
1876 (E. 1. 70).
Für die Steuerpflichtigkeit der Forensen ist der Zeitpunkt der Ausschreibung der
Kreisabgaben maßgebend. Wenn eine Forense vor Ausschreibung der Kreisabgaben
aufhört, Forense zu sein, beispielsweise wenn ein nicht im Kreise wohnhafter Guts-
besitzer seinen darin belegenen Grundbesitz vor Ausschreibung der Kreisabgaben
veräuhert, üP hört er damit auf, kreisabgabenpflichtig zu sein, E. O. V. V. 54; VI.
1; . 40.
Die auf die Veranlagung der Forensen und juristischen Personen bezüglichen
Vorschriften der §§. 14 und 15 haben für Stadt und Land gleichmäßige Geltung,
Erk. O. B. G. 12. Sept. 1876 (E. I. 64).
2) Wo im §. 14 davon die Rede ist, daß der Besitz von Grundeigenthum
die Berpflichtung nach sich zieht, die auf diesen Besitz gelegten Abgaben zu zahlen,
ist nur der Eigenthümer der Verpflichtete; nur das Eigenthum bildet den obligirenden
Grund und zwar das Eigenthum überhaupt, mithin das beschränkte und getheilte,
ebenso wie das uneingeschränkte und ausschließliche (vergl. §8. 16 ff. I. 8, 86. 1—12
I. 18, S. 72 II. 4 A. L. R.). Der Eigenthümer hat die Abgabe zu zahlen, gleich-
viel ob er sein Grundeigenthum in Nießbrauch ausgethan, verpachtet, vermiethet,
verliehen oder einem Verwalter oder sonstigem Inhaber übergeben hat, Erk. 27. März
1882 (E. O. B. VIII. 63).
Unter Grundbesitz im Sinne des 5. 14 ist pach t weiser Besitz an Grundstücken
nicht zu verstehen, Erk. O. B. G. 31. Jan. 1877 (E. II. 37).
2) Unter Gewerbe find auch Handel und Pachtungen zu verstehen. Es ist
also der Pächter eines Landgutes wegen eines aus der Pachtung fließenden Ein-
kommens, wenn er seinen Wohnsitz nicht in demjenigen Kreise hat, in dem das
Pachtgut liegt, dennoch in diesem letzteren Kreise als Forense iu den Kreisabgaben
heranzuziehen, Erk. O. V. G. 31. Jan. 1877 (E. II. 37). Vergl. zum Begriffe
des Gewerbebetriebes auch E. O. V. V. 5, XI. 56, XIV. 22; ferner die Anm. zu
§. 35 Komm. Abg. Ges. oben S. 943.
Das Ober-Verwaltungsgericht hatte mittelst Erk. 8. Sept. 1876 (E. O. V. I. 59)
ausgeführt, daß, falls bei einem Gewerbebetriebe die Fabrikationsstätte und das
Komtoir, von dem aus der Absatz der Fabrikate bewirkt wird, in zwei verschiedenen