Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen. 1055
der Grenzen der letzteren. Ebenso findet der §. 10 des Ges. vom 11. Juli
1822 auf die Heranziehung zu den Kreisabgaben Anwendung.
Beschwerden wegen der Veranlagung der Kreisabgaben.
§. 19. Auf Beschwerden und Einsprüchet), betreffend:
1. das Recht zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten
des Kreises?, Z
2. die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Kreisabgaben),
beschließt der Kreisausschuß. ..
Beschwerden und Einsprüche der zu 2 gedachten Art sind innerhalb einer
Frist von zwei Monaten“) nach erfolgter Bekanntmachung?) der Abgabebeträge
bei dem Kreisausschusse anzubringen. Einsprüche") gegen die Höhe von Kreis-
zuschlägen zu den direkten Staatssteuern, welche sich gegen den Prinzipalsatz der
letzteren richten, sind unzulässig.
Gegen den Beschluß des Kreisausschusses findet innerhalb zwei Wochen
die Klage’) bei dem Bezirksausschusse statt. Hierbei ist die Zuständigkeit der
1) Beschwerden und Einsprüche brauchen nicht sofort erschöpfend motivirt zu
werden; eine nachträgliche Vervollständigung im Berwaltungsstreitverfahren ist zulässig,
E. O B. VI. 149, IX. 82.
2) Hierunter sind nur solche Rechte zu verstehen, die den Kreisangehörigen als sol-
chen aus dem öffentlichen Rechte der Kreisangehörigkeit, der Verfafsung des Kreises
heraus zustehen, Erk. O. V. G. 20. Okt. 1888 (Pr. V. Bl. X. 113), 28. Juni 1889
(Pr. V. Bl. XI. 49).
2) Vergl. hierzu E. O. B. I. 74, V. 125, VI. 41, XVI. 24, XXI. 7, 132.
4) Diese ist keine Berjährungs-, sondern eine Ausschlußfrist, vergl. E. O. V.
XVII. 232; nach ihrem Ablaufe ist eine förmliche Beschwerde, der die Klage folgen
könnte, ausgeschlossen, E. O. V. XXVI. 1. Ansprüche auf Ermäßigung oder Be-
freiung können dann nur noch durch entsprechende Anträge beim Kreisausschusse oder
Kreistage geltend gemacht werden.
5) Wo eine Heberolle angefertigt wird, ist in deren Veröffentlichung eine „Be-
kanntmachung“ im Sinne des §. 19 zu erblicken, Friedrichs S. 126. Die Reklama-
tionsfrist für die Forensen beginnt nicht mit Beröffentlichung der Repartition; sie
haben eine Benachrichtigung durch den Gemeindevorstand zu erwarten, doch hat auch
eine ihnen etwa durch den Kreisausschuß zugegangene direkte Benachrichtigung die
gleiche Wirkung wie die Benachrichtung durch den Gemeindevorstand, Friedrichs
S. 129.
64) Die Vorschrift in S. 19 Abs. 2 findet nur Anwendung auf die in §F. 10 er-
wähnten Zuschläge, nicht aber auf die Quoten der gemäß §. 15 nach den für die
Beranlagung der Staatsstenern bestehenden gesetzlichen Vorschriften durch den Kreis-
ausschuß zu ermittelnden fingirten Prinzipalsätze, Erk. 12. Mai 1888 (E. O. B.
VI. 28.
7) Durch die Klage kann der Einspruch nicht ersetzt werden; ohne vorgängige
Reklamation findet eine Klage nicht statt, Erk. 7. Febr. 1880 (E. O. V. VI. 129).
Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses ist nur das Rechtsmittel der
Revifion zulässig, §. 3 Zust. Ges.
Der Einsoruch und die Klage gegen die Heranziehung zu den Kreisabgaben kann
auch auf die Behauptung der Rechtsungültigkeit eines der Abgabeforderung zu Grunde
liegenden bestätigten Kreistagsbeschlusses gestützt werden, Erk. 6. und 13. Nov. 1882
(E. O. V. IX. 27 ff.).
Der Verwaltungsrichter hat in Kreisabgabensachen nicht die Reklamationsbescheide
der Kreisausschüsse zu bestätigen, aufzuheben oder abzuändern, sondern seine Entscheidung
auf Abweisung der Klage, Freilassung des Klägers oder Feststellung des Kreisabgaben-
betrages zu richten, Erk. 19. Mai 1879 (E. O. V. V. 55). Der Anspruch auf
Zahlung von Verzugszinsen für das Zuvielgezahlte und vom Kreise zu Erstattende ist
unzulässig, Erk. 4. April 1881 (E. O. V. VIII. 17).
Der §. 19 eröffnet das Verwaltungsstreitverfahren keineswegs für eine Erörterung
und Feststellung der Abgabenpflichtigkeit im Prinzip, sondern lediglich für den einzelnen
Fall der Veranlagung oder Heranziehung, Erk. O. V. G. 9. Dez. 1876 (C. I. 91).