Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Gewerbliche Arbeiter. 101
der Arbeitgeber an der dafür bestimmten Stelle des Arbeitsbuches die Zeit des
Eintrittes und die Art der Beschäftigung, am Ende des Arbeitsverhältnisses
die Zeit des Austrittes und, wenn die Beschäftigung Aenderungen erfahren
hat, die Art der letzten Beschäftigung des Arbeiters einzutragen.
Die Eintragungen sind mit Tinte zu bewirken und von dem Arbeitgeber
oder dem dazu bevollmächtigten Betriebsleiter zu unterzeichnen.
Die Eintragungen dürfen nicht mit einem Merkmal versehen sein, welches den
Inhaber des Arbeitsbuches günstig oder nachtheilig zu kennzeichnen bezweckt #).
Die Eintragung eines Urtheils über die Führung oder die Leistungen des
Arbeiters und sonstige durch dieses Gesetz nicht vorgesehene Eintragungen oder
ermerke in oder an dem Arbeitsbuche sind unzulässig.
§. 112. Ist das Arbeitsbuch bei dem Arbeitgeber unbrauchbar geworden,
verloren gegangen oder vernichtet, oder sind von dem Arbeitgeber unzulässige
erkmale, Eintragungen oder Vermerke in oder an dem Arbeitsbuche gemacht,
oder wird von dem Arbeitgeber ohne rechtmäßigen Grund die Aushändigung
es Arbeitsbuches verweigert, so kann die Ausstellung eines neuen Arbeits-
buches auf Kosten des Arbeitgebers beansprucht werden.
Ein Arbeitgeber, welcher das Arbeitsbuch seiner gesetzlichen Verpflichtung
zuwider nicht rechtzeitig ausgehändigt oder die vorschriftsmäßigen Eintragungen
zu machen unterlassen oder unzulässige Merkmale, Eintragungen oder Ver-
Merke gemacht hat, ist dem Arbeiter entschädigungspflichtig ). Der Anspruch
auf Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb vier Wochen nach seiner
tstehung im Wege der Klage oder Einrede geltend gemacht ist.
§. 113. Beim Abgange können die Arbeiter ein Zeugniß über die Art
und Dauer ihrer Beschäftigung fordern.
Dieses Zeugniß ist auf Verlangen der Arbeiter auch auf ihre Führung
und ihre Leistungen auszudehnen.
Den Arbeitgebern ist untersagt, die Zeugnisse mit Merkmalen zu versehen,
welche den Zweck haben, den Arbeiter in einer aus dem Wortlaute des Zeug-
nisses nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen.
v Ist der Arbeiter minderjährig, so kann das Zeugniß von dem Vater oder
a##mund gefordert werden. Diese können verlangen, daß das Zeugniß nicht
in den Minderjährigen, sondern an sie ausgehändigt werde. Mit Genehmi-
hung der Gemeindebehörde des in §. 108 bezeichneten Ortes kann auch gegen
den Willen des Vaters oder Vormundes die Aushändigung unmittelbar an
eu Arbeiter) erfolgen. . „
1rS. 114. Auf Antrag des Arbeiters hat die Ortspolizei-Behörde die Ein-
kongung in das Arbeitsbuch und das dem Arbeiter etwa ausgestellte Zeugniß
sten= und stempelfrei zu beglaubigen. .
bei §. 1154)0. Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Ar-
iter in Reichswährung zu berechnen und baar?) auszuzahlen.
Unei ) Merkmale im Sinne des §. 111 Abs. 3 sind Kennzeichen, deren Bedeutung
entlangeweihten nicht ohne Weiteres erkennbar ist; ein Vermerk „ohne meinen Willen
ufen- ist kein unzulässiges Merkmal, E. Crim. XXII. 200.
Ensche Streitigkeiten über Aushändigung oder Juhalt des Arbeitsbuches oder über
S hädigung gehören vor die Gewerbegerichte, §. 3 Ges. 29. Juli 1890 (R. G. Bl.
I141); wegen der Innungsschiedsgerichte vergl. §. 97a, Gew. O. ·
von 2 Vergl. Ausf. Anw. 26. Febr. 1892 Nr. XVI und wegen der Entscheidung
Streitigkeiten 88. 3, 71 Ges. 29. Juli 1890 (R. G. Bl. S. 141).
Gewerbetreibender im Sinne des §. 115 ist jeder selbständige Gewerbe-
tr
aulseude, der das betreffende Gewerbe für eigene Rechnung und unter eigener Ver-
Umfcbrtlichkeit betreibt. Einflußlos für diesen Begriff ist der größere oder geringere
nag ug des betriebenen Gewerbes. Zu den Arbeitern im Sinne des 8. 115 gehören
werdes 119 Abs. 2 (ietzt §. 1190b) auch diejenigen Personen, die für bestimmte Ge-
wertttreibende außerhalb der Arbeitsstätte der letzteren mit der Anufertigung ge-
IX. acher Erzeugnisse beschäftigt sind (Hausindustrie), Erk. 20. Dez. 1883 (E. Crim.
ebend. Voraussetzung ist aber ein festes Arbeitsverhältniß, wenn auch nur mit
Derdienst. keine einmalige Arbeitsleistung. Vergl. E. Crim. XIII. 182.
ergwr §. 115 und die Strafvorschrift des §s. 146 Nr. 1 kommen auch gegen
erksbesitzer, sowie gegen geschäftsleitende Mitglieder eines Gewerbevor-