Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1064 Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen. 
Erledigt sich das Amt des Amtsvorstehers, so tritt bis zur Ernennung 
seines Nachfolgers der Stellvertreter für ihn ein. 
Findet sich im Amtsbezirke keine zur Ernennung als Stellvertreter geeignete ) 
Person, so hat der Kreisausschuß die Stellvertretung einstweilen einem der 
benachbarten Amtsvorsteher, oder, nach vorherigem Einvernehmen mit der 
städtischen Vertretung, dem Bürgermeister einer benachbarten Stadt zu über- 
tragen. Eine gleiche Anordnung erfolgt für den Fall des gleichzeitigen Abganges 
oder der gleichzeitigen Behinderung des Amtsvorstchers und seines Stellvertreters. 
Ist der Amtsvorsteher bei der Erledigung eines Amtsgeschäftes persönlich 
betheiligt:), so hat der Kreisausschuß?) den Stellvertreter oder einen der 
Zu Anmerkung 3 auf S. 1068. 
Gegen den Beschluß des Kreisausschusses findet die Beschwerde an den Bezirksaus- 
schuß statt. 
Bezüglich der Ernennung von Stellvertretern für kommissarische Amtsvorsteher 
finden die Bestimmungen des s. 57 Abs. 1 und 4 analoge Anwendung, Instr. 
18. Juni 1873 Art. 4 Nr. 6. 
#„9)) Aus der Bestimmung des §. 77, wonach der Landrath die gesammte Polizei- 
verwaltung im Kreise und in dessen einzelnen Amtsbezirken, Gemeinden und Guts- 
bezirken zu überwachen hat, kann nicht die Befugniß für ihn hergeleitet werden, die 
Funktionen der Amtsvorsteher soweit und so oft es ihm geboten erscheint, selbst aus- 
zuüben. Er ist mithin nicht ermächtigt, wenn der Amtsvorsteher wegen persönlicher 
Betheiligung seine Funktionen nicht ausüben kann, sie an dessen Stelle wahrzu- 
nebmen, Res. 15. Sept. 1875 (M. Bl. S. 267); E. O. B. X. 357. Bergl. auch 
E. O. V. XXIII. 209. 
2) Ein Amtsvorsteher, der das Biehtreiben auf einem von ihm als Privatweg in 
Anspruch genommenen Wege verbietet, ist persönlich betheiligt im Sinne des §. 57 
Abs., 5, Erk. O. V. G. 24. Jan. 1877; nicht aber ein Amtsvorsteher, der sich als 
Mitglied der Gemeinde, in einer die Gemeinde betreffenden Wegeangelegenheit an 
einem Gemeindebeschlusse betheiligt hat, Erk. O. B. G. 10. Okt. 1877. 
Ein Amtsvorfteher, der am Orte eine (wenn auch verpachtete) Wirthschaft 
besitzt, oder selbst Wirthschaft betreibt, ist bei der Entscheidung eines Schankkonzessions- 
gesuches für diesen Ort persönlich betheiligt im Sinne des §. 59 Abs. 5, Erk. O. B. 
G. 21. Okt. 1876 (E. I. 412) und 12. Okt. 1878 (E. IV. 326). Vgl. auch Erk. O. 
V. G. 11. April 1877 (E. II. 249). Nur ein von dem allgemeinen Interesse ver- 
schiedenes besonderes Privatinteresse des Amtsvorstehers begründet dessen persönliche 
Betheiligung im Sinne des §. 57, E. O. B. VI. 359. Daas persönliche Interesse 
ist dem amilichen nicht gleichzustellen, E. O. B. I. 240. 
Wenn der Amtsvorsteher perfsönlich betheiligt ist, so hat der Kreisausschuß 
einen besonderen Stellvertreter mit Erledigung des betreffenden Amtsgeschäftes zu 
beaunftragen, E. O. V. Al. 219. Die Ernennung von Stellvertretern für Faler 
persönlicher Betheiligung kann im Voraus gescheben, so daß der Amtevorsteher ein- 
tretenden Falles solche Angelegenheiten kurzer Hand an jene abgeben kann, E. O. B. 
VIII. 208. Das Recht zur Ernennung von Stellvertretern hat auch der Borsttzende, 
wenn der Fall keinen Aufschub zuläßt, Res. 15. Sept. 1875 (M. Bl. S. 267). 
2) Der Kreisausschuß ist bei seiner Wahl nicht auf diejenigen Amtsvorsteher und 
Bürgermeister beschränkt, deren Bezirk unmittelbar an den des perfönlich betheiligten 
Amtsvorstehers grenzt. Der Zweck des Gesetzes geht nur dahin, daß ein Amtsvor- 
steher oder Bürgermeister berufen werde, der in der Nähe wohnt und nicht durch zu 
weite Entfernungen an der Erledigung des Auftrages behindert ist, Erk. 20. März 
1884 (E. O. B. X. 357). 
Erreicht das Hauptamt des Stellvertreters seine Endschaft, so wird die Substi- 
tution auf Grund des Absatz 5 nicht ohne Weiteres hinfällig, dem Kreisansschuß 
steht aber beim Eintritt dieses Ereignisses die Befugniß zu, die Substitution zurück- 
zunehmen, und den Auftrag an den Stellvertreter für erledigt zu erklären; er ist aber 
nicht hierzu verpflichtet, E. O. V XV. 328 und vom 27. Okt. 1888 Nr. I. 1146. 
Ist der mit Erledigung des Geschäftes beauftragte Amtsvorsteher wiederum behindert 
oder gestorben, so kann nicht ohne Weiteres sein Stellvertreter oder Nachfolger an 
seine Stelle treten, E. O. B. XXIV. 252. # 
„Endgültig“, d. h. es findet im Beschlußverfahren ein weiteres Rechtsmittel, 
 
	        
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