Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1068 Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen. 
weisungen und Aufträgen des Amtsvorstehers, welche derselbe in Gemäßheit 
seiner gesetzlichen Befugnisse in Dienstangelegenheiten gegen sie erläßt, nachzu- 
kommen und können hierzu von ihm unter Anwendung der den Ortspolizei- 
behörden nach S. 132 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung 
vom 30. Juli 1883 (G. S. S. 195) zustehenden Zwangsmittel ), mit Aus- 
nahme der Haftstrafe, angehalten werden. Ein Ordnungsstrafrecht steht dem 
Amtsvorsteher gegen die Gemeinde= und Gutsvorsteher nicht zu. 
Die Gendarmen 2) haben den Requisitionen des Amtsvorstehers in poli- 
zeilichen Angelegenheiten zu genügen. Der Dienstaufsicht des Amtsvorstehers 
unterliegen n4 nicht. 
Dienstliche Stellung des Amtsvorstehers zu dem Landrathe und dem 
Kreisausschuß. 
§. 66. Der Landrath und der Kreisausschuß sind befugt, für die Ge- 
schäfte der ollgemeinen Landes= und Kreiskommunalverwaltung, sowie bei Be- 
aufsichtigung der Kommunalangelegenheiten der zu dem Amtsbezirke gehörigen 
Gemeinden und Gutsbezirke zu vermittelnde und begutachtende Thkätigkeit :) 
des Amtsvorstehers in Anspruch zu nehmen. 
§. 67. Der Kreisausschuß beschließt über Beschwerden und Verfügungen 
der Amtsvorsteher in nicht polizeilichen Angelegenheiten. 
1) Nur die oben gedachten Zwangsmittel sind zulässig. Es ist beispielsweise ein 
Amtsvorsteher nicht befugt, von einem Gemeindevorsteher, der ungeachtet der ihm 
ertheilten Anweisung eine der Gemeinde obliegende Wegebesserung unansgeführt ge- 
lassen hal, die Kosten der demzufolge durch einen Dritten ausgeführten Arbeiten durch 
Exekution einzuziehen, Erk. 1. Aug. 1876 (E. O. B. I. 342). Gegen die An- 
drohung von Zwangsmitteln ist nur Beschwerde im Aufsichtswege zulässig, da die 
Auweisungen und Aufträge der Amtsvorsteher sich nicht als polizeiliche Berfügungen, 
sondern als geschäftliche Anweisungen der vorgesetzten Dienstbehörde an die nach- 
geordnete darstellen, E. O. V. VI. 156. Vergl. Res. 20. März 1874 (M. Bl. S. 
99) wegen des Maßes der Berechtigung der Amtsvorsteher, die Mitwirkung der 
Ortsvorsteher zu verlangen. 
2) Die Befugniß der Amtsvorsteher, die Gendarmen zu requiriren, ist auf ihre 
Verwendung innerhalb ihres Patrouillenbezirkes beschränkt. Handelt es sich um Ver- 
wendung außerhalb ihres Patronillenbezirkes, so ist in der Regel die vorgäugige 
Zustimmung des Landrathes einzuholen, in dringlichen Fällen aber die nachträgliche 
Genehmigung des Landrathes zu beantragen, Res. 21. Jan. 1882 (M. Bl. S. 37). 
2) Beispielsweise behufs Revision der Gemeinderechnungen, Res. 13 Juni 
1874 (M. Bl. S. 158). Die Revision der Gemeindekassenverwaltungen darf aber 
dem Amtsvorsteher nicht in allen, soudern nur in besonderen Ausnahmefällen über- 
tragen werden, so insbesondere, wenn es darauf ankommt, die Revision einem 
Beamten zu übertragen, der mit einer autoritativen Stellung in der Gemeinde 
eine genaue Kenntniß der Personen und Berhältnisse in ihr verbindet und dessen 
örtliche Nähe die Durchführung der Revision ohne außerordentlichen Zeit= und 
Kostenaufwand ermöglicht. Das Gesetz nimmt die Thätigkeit der Amtsvorsteher an 
erster Stelle für die Handhabung der Polizei und die Berwaltung der Angelegen- 
heiten der Amtsberirke in Anspruch; ihr Amt ist ein unbesoldetes, ehrenamtliches und 
es würde ein Mißbrauch der durch den §. 66 gegebenen rechtlichen Möglichkeit sein, 
wenn die Amtsvorsteher lediglich zur Entbürdung der landräthlichen und der Kreis- 
ausschußverwaltungen mit laufenden, namentlich bürcaumäßigen Arbeiten betrant 
werden sollten, die ohne sachlichen Nachtheil auch von diesen Stellen selbst bezw. 
von anderen Organen derselben versehen werden können, Erk. 15. Okt. 1879 (E. O. 
B. VI. 77). Den Amtsvorstehern darf deshalb auch die Regulirung der öffentlichen 
Abgaben und Leistungen in Folge der Dismenbration von Grundstücken durch 
die Landrätche nicht allgemein übertragen werden, ihre Mitwirkung ist für jenes 
Geschäft nur in einzelnen Fällen aus Pchlichen Gründen in Anspruch zu nehmen 
und thunlichst auf die Aufnahme der Informationsverhanudlungen, wenn solche nicht 
ohne Erschwerniß der Betheiligten auf dem Landrathsamte bewirkt werden kann, zu 
beschränken, Res 3. Febr 1875 (M. Bl. S. 61).
	        
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