1078 Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen.
nicht je ein Abgeordneter fällt, so werden die Städte behufs der Wahl mindestens
eines gemeinschaftlichen Abgeordneten zu einem Wahlbezirke vereinigt.
Ist in einem Kreise neben anderen großen Städten nur eine Stadt vor-
handen, welche nach ihrer Seelenzahl nicht einen Abgeordneten zu wählen haben
würde, so ist derselben gleichwohl ein Abgeordneter zu überweisen.
Ausgleichung der sich bei der Vertheilung der Kreistagsabgeordneten
ergebenden Bruchtheile.
§. 93. Ergeben sich bei den nach Maßgabe der §§. 89—92 des Gesetzes
vorzunehmenden Berechnungen Bruchtheile 0, so werden dieselben nur insoweit
berücksichtigt, als sie ½ erreichen oder übersteigen.
Uebersteigen sie ½, so werden sie für voll gerechnet, kommen sie ½
leich, so bestimmt das Loos, welchem der bei der Vertheilung betheiligten
ahlverbände und Wahlbezirke, beziehungsweise welcher Stadtgemeinde der
Bruchtheil für voll gerechnet werden soll.
Vollziehung der Wahlen in den Wahlverbänden der größeren Grundbesitzer.
S. 94. Zur Wahl der von dem Wahlverbande der größeren Grundbesitzer
zu wählenden Kreistagsabgeordneten treten die zu diesem Verbande gehörigen
Grundbesitzer, Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzer in der Kreisstadt unter
dem Vorsitze des Landraths:) zusammen.
§. 95. Bei dem Wahlakte hat jeder Berechtigte nur Eine Stimme.
Auch als Stellvertreter können Personen, welche bereits eine Stimme
führen, ein ferneres Stimmrecht nicht ausüben. Ausgenommen sind die im
§. 97 Nr. 7 bezeichneten Vertreter.
§. 96. Das Recht zur persönlichen Theilnahme an den Wahlen (§. 94)
steht vorbehaltlich der nachfolgenden besonderen Bestimmungen (§. 97) den-
jenigen Grundbesitzern, Gewerbtreibenden und Bergwerksbesitzern zu, welche
a) Angehörige des Deutschen Reiches und selbständig sind.
Als selbständig wird derjenige angesehen, welcher das 21. Lebens-
jahr vollendet hat, sofern ihm das Recht, über sein Vermögen zu ver-
fügen und dasselbe zu verwalten, nicht durch gerichtliche Anordnung
entzogen ist;
b) sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden.
Das Wahlrecht geht verloren, sobald eines der vorstehenden Erfordernisse
bei dem bis dahin Wahlberechtigten nicht mehr zutrifft. Es ruht während der
Dauer eines Konkurses, ferner während der Dauer einer gerichtlichen Unter-
suchung 2), wenn dieselbe wegen Verbrechen oder wegen solcher Vergehen, welche
den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich ziehen müssen oder können,
eingeleitet oder wenn die gerichtliche Haft“) verfügt ist.
1!) Die Bestimmungen des §. 93 finden keine Anwendung auf diejenigen Fälle,
in denen dem Wahlverbande der Städte, bezw. der in einem Kreise vorhandenen ein-
zigen Stadt nach der Bevölkerungszahl in Gemäßheit des §. 89 Nr. 1. Satz 2 die
Hälfte bezw. ein Drittel der Gesammtzahl aller Abgeordneten zufällt, Art. 5 Instr.
10. März 1873.
Vgl. Art. 7 Instr. 10. März #11873 (M. Bl. S. 814); Res. 1. Mai 1876
(M. Bl. S. 121), 21. Juli 1876 (M. Bl. S. 223) und 2. Mai 1888 (M.
Bl. S. 103).
2) Seine Vertretung bei der Wahl ist nur durch Personen statthaft, die durch die
bestehende Behördenorganisation gesetzlich zur Vertretung des Landrathes als solche
in Behinderungsfällen berufen sind, E. O. V. III. 60, X. 24. Bergl. Anm.
zu §. 104.
3) Diese beginnt mit dem Beschlusse auf Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß
§§. 196 ff. Str. Pr. O., Erk. 13. Sept 1889 (E. O. V. XVIII. 1).
) Die Schlußworte des §. 96 der Kreis-Ordnung: „wenn die gerichtliche Haft
verfüge iste siud nur von der gerichtlichen Untersuchungshaft zu verstehen, E. O.
V. XXII. 16.