1086 Abschnitt XXXVIII. Kreis-Ordnung für die östlichen Provinzen.
halb zwei Wochen Einspruch bei dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes erheben.
Die Beschlußfassung über den Einspruch, über welchen die Betheiligten vorab
zu hören sind!½), steht dem Kreistage zu.
Im Uebrigen prüft der Kreistag die Legitimation:) seiner Mitglieder?)
von Amtswegen und beschließt darüber!?.
Jede Wahl verliert dauernd oder vorübergehend ihre Wirkung, wenn sich
ergiebt, daß die für die Wählbarkeit vorgeschriebenen Bedingungen nicht vor-
handen gewesen sind, oder wenn diese Bedingungen hänzlich oder zeitweise auf-
hören. * Kreistag hat darüber zu beschließen, ob einer dieser Fälle ein—
getreten ist.
Gegen die nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen gefaßten Be—
schlüsse findet innerhalb zwei Wochen") die Klage bei dem Bezirksausschusse
statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung; jedoch dürfen bis zur
rechtskräftigen Entscheidung Ersatzwahlen nicht stattfinden.
1) Daraus, daß die Betheiligten nicht gehört sind, kann jedoch eine Aufhebung
des Kreitagsbeschlusses nicht gefolgert werden, E. O. B. XIV. 41.
:) Der Kreistag ist nicht befugt, bei Prüfung der Legitimation seiner Mitglieder
auch noch die dem eigentlichen Wahlverfahren vorangehenden, dasselbe vorbereitenden
Akte, insbesondere die Vertheilung der städtischen Kreistagsabgeordneten auf die ein-
zelnen Städte 2c. (S. 111), nachdem diese Aktre bereits zu einem formell korrekten Ab-
schluß gelangt sind, in sachlicher Beziehung zu prüfen und darüber Beschluß zu fassen,
Erk. O. V. G. 7. April 1879 (E. V. 21). .
ZurPrüfungdekEtgäuznugswahlenresp.derLegitimationistnichtetwanur
der bereits aus diesen Wahlen hervorgegangene Kreistag zuständig, sondern auch der
Kreista in seiner bisherigen Zusammensetzung, Erk. O. V. G. 19. Dez. 1877 (E.
34).
3) Unter „Mitgliedern“ des Kreistages können nur diejenigen verstanden werden,
welche bis zur Prüfung ihrer Legitimation als einstweilen berechtigt zu Sitz und
Stimme im Kreistage anzusehen find. Nur auf diese „Mitglieder“ kann die dem
Kreistage zustehende Legitimationsprüsung sich erstrecken und das Ergebniß derselben
nur darin bestehen, daß die Wahl des betreffenden Mitgliedes für gültig oder für
ungültig erklärt wird. In beiden Fällen ist hiermit die Legitimationsprüfung be-
endet. Insbesondere ist im letzteren Falle die Einberufung eines anderen Mitgliedes,
welches nach der Ansicht des Kreistages für gewählt hätte erklärt werden sollen,
gesetzlich nicht zulässig; vielmehr muß die Anordnung einer Neuwahl erfolgen, E.
O. V. III. 17, VIII. 94, XII. 18, XVIII. 1.
4) Dieser Beschluß ist an eine Frist nicht gebunden, auch nicht hinsichtlich der
Legitimation der Wahlmänner, die bei der Wahl des Mitgliedes mitgewirkt haben,
E. O. B. XII. 18. Hat auch der Wahlvorstand bei den Wahlen der Kreistags-
abgeordneten formell nicht die Befugniß, einen Wahlmann wegen der Ungültigkeit
seiner Wahl von der Theilnahme auszuschließen, so macht die dennoch stattgehabte
Ausschließung eines rechtsungülig gewählten Wahlmannes von der Wahl die letztere
nicht ungültig, E. O. V. XVIII. 28.
5) Die Klage ist gegen den Kreistag als Prozeßpartei zu richten. Der Kreistag
kann aber die Beiladung solcher Personen beantragen, deren Interefse seines Erachtens
von der zu erlassenden Entscheidung berührt wird, E. O. B. XIII. 33. Sie steht
denjenigen zu, die Einspruch erhoben hatten (Abs. 1) sowie denjenigen, deren Wahl
für ungültig erklärt worden ist (Abs. 2); aber nicht allgemein den einzelnen in
der Minorität verbliebenen Mitgliedern des Kreistages als solchen, Erk. 13. Okt. 1877
(E. O. B. III. 7).
Im Srreeitverfahren kann der Verwaltungsrichter bei seiner Entscheidung auch
solche Thatsachen in Betracht zieben, welche nicht Gegenstand der Beschlußfassung des
Kreistages gewesen find, E. O. V. IX. 15, XVIII. 1.
Die Entscheidung auf die Klage hat dahin zu gehen, ob die Wahl gültig ist oder
nicht und kann sich daher nicht auf die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses be-
schränken, E. O. V. XIV. 41.
6) Von Zustellung des Beschlusses an den Betroffenen, bezw. einer die Zu-
stellung ersetzenden Mittheilung, Erk. O. V. G. 16. März 1895 Nr. II. 405.