Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

104 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Gewerbliche Arbeiter. 
§. 116. Arbeiter, deren Forderungen in einer dem 8. 115 zuwiderlaufen- 
den Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Maß- 
gabe des §. 115 verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungs- 
statt Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei 
dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hülfs- 
kasse zu, welcher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer 
anderen zum Besten der Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Gemeinde- 
behörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Ortsarmenkasse. 
§. 117. Verträge, welche dem §. 115 zuwiderlaufen, sind nichtig!). 
Dasselbe gilt von Verabredungen zwischen den Gewerbetreibenden und den 
von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfniisse der 
letzteren aus gewissen Verkaufsstellen, sowie überhaupt über die Verwendung 
des Verdienstes derselben zu einem anderen Zweck als zur Betheiligung an Ein- 
richtungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien. 
§. 118. Forderungen für Waaren, welche dem §. 115 zuwider kreditirt 
worden sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt, noch durch An- 
rechnung oder sonst geltend gemacht werden ohne Unterschied, ob sie zwischen 
den Betheiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind. Dagegen 
fallen dergleichen Forderungen der im §. 116 bezeichneten Kasse zu. 
§. 119. Den Gewerbetreibenden im Sinne der 8§. 115 bis 118 sind gleich 
zu achten deren Familienglieder, Gehülfen, Beauftragte 2), Geschäftsführer 2), Auf- 
seher und Faktoren, sowie andere Gewerbetreibende ), bei deren Geschäft eine 
der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar betheiligt ist. 
§. 119as). Lohneinbehaltungen, welche von Gewerbeunternehmern zur 
Sicherung des Ersatzes eines ihnen aus der widerrechtlichen Auflösung des 
Arbeitsverhältnisses erwachsenden Schadens oder einer für diesen Fall verab- 
redeten Strafe ausbedungen werden, dürfen bei den einzelnen Lohnzahlungen 
ein Viertel des fälligen Lohnes, im Gesammtbetrage den Betrag eines durch- 
schnittlichen Wochenlohnes nicht übersteigen. Z 
Durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren 
Kommunalverbandes (§. 142) kann für alle Gewerbebetriebe oder gewisse Arten 
derselben festgesetzt werden"): 
1. daß Lohn= und Abschlagszahlungen in festen Fristen erfolgen müssen, 
Friche nicht länger als einen Monat und nicht kürzer als eine Woche 
ein dürfen; 
2. daß der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an die Eltern 
oder Vormünder und nur mit deren schriftlicher Zustimmung oder na 
deren Bescheinigung über den Empfang der letzten Lohnzahlung un- 
mittelbar an die Minderjährigen gezahlt wird; 
  
Zu Anmerkung 3 auf S. 108. 
strafbar sein, wenn die Vollmacht lediglich die Bedeutung einer Anweisung hat und 
die Umgehung des Gesetzes bezweckt, E. Crim. XXVII. 289. 
1) Aber nicht strafbar, E. Crim. VII. 199, XII. 182. 
„:) Beauftragte: Alle Personen, die vom Gewerbetreibenden einen seinen Ge- 
werbebetrieb betreffenden Auftrag erhalten haben, dessen Ausführung fie nicht lediglich 
vorübergehend in die thatsächliche Lage bringt, an die Arbeiter Waaren verkaufen oder 
die Kreditirung von Waaren bewirken zu können. Auch die vom Arbeitgeber ange- 
stellten Kantinenwirthe fallen daher unter §. 119, Erk. R. G. 7./14. Juni 1888 
(Rechtspr. X. 422). 
:) Nicht auch die Familienglieder der Geschäftsführer, Erk. 30. März 1882 
(E. Crim. VI. 126). Die Gewerbetreibenden müssen Borkehrungen treffen, damit 
die Gesetzesverletzuenng in ihrem Betriebe hintangehalten wird. Sie haften daher an 
im Falle des §s. 118 für fahrlässige Zulassung des Berbotenen, Erk. 11. Juni 1891 
(E. Crim. XXII. 43). . 
") D. h. selbständige, nicht etwa Beauftragte 2c., E. Crim. IX. 351. 
) §. 119 a findet auf Betriebsbeamte, Techniker, Werkführer r2c. keine Anwendung, 
vergl. 88. 133b, 133e Gew. O. Z « 
VWegenderLohuzahlungandieSchrsssmannschaftaufFlußschisskg,c« vergl- 
Ges. 15. Juni 1895 (R. G. Bl. S. 301) s. 21; an die Floßmannschaft Ges. 
15. Juni 1895 (R. G. Bl. S. 341) §. 20.
	        
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