Abschnitt XXXIX. Landesverwaltungs-Gesetz. 1119
Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei gerader
Stimmenzahl scheidet, wenn außer dem Vorsitzenden zwei ernannte Mitglieder
anwesend sind, das dem Dienstalter nach jüngste ernannte, wenn außer dem
Vorsitzenden nur ein ernanntes Mitglied anwesend ist, das dem Lebensalter
nach jüngste gewählte Mitglied mit der Maßgabe aus, daß das Stimmrecht
vorzugsweise
1. unter den ernannten Mitgliedern einem zum Richteramte befähigten,
sofern es dessen zur Beschlußfähigkeit bedarf,
2. im Uebrigen dem Berichterstatter verbleibt.
§. 34. Die gewählten Mitglieder und deren Stellvertreter erhalten
Tagegelder und Reisekosten nach den für Staatsbeamte der vierten Rang-
klasse bestehenden gesetzlichen Bestimmungen.
Alle Einnahmen des Bezirksausschusses fließen zur Staatskasse. Derselben
fallen auch alle Ausgaben zur Last.
§. 35. In den Hohenzollernschen Landen kommen in Betreff des Bezirks-
ausschusses die Bestimmungen der §§. 28, 30, 32, 33, 34 mit der Maßgabe
zur Anwendung, daß die zu wählenden Mitglieder von dem Landesauss usse
aus der Zahl der zum Kommunallandtag wählbaren Angehörigen des Landes-
kommunalverbandes gewählt werden!). Der Regierungspräsident, die Ober-
amtmänner und die Beamten des Landeskommunalverbandes sind von der Wähl-
barkeit ausgeschlossen.
III. Abschnitt. Kreisbehörden.
§. 36. An der Spitze der Verwaltung des Kreises steht der Landrath?).
Derselbe führt den Vorsitz im Kreisausschusse. Im Uebrigen wird die Zu-
sammensetzung des Kreisausschusses durch die Kreis-Ordnungen geregelt.
§. 37. Der Stadtausschuß") besteht aus dem Bürgermeister beziehungs-
weise dessen gesetzlichem Stellvertreter als Vorsitzenden und vier Mitgliedern,
welche vom Magistrate (kollegialischen Gemeindevorstande) aus seiner Mitte für
die Dauer ihres Hauptamtes gewählt werden.
Für Fälle der Behinderung sowohl des Bürgermeisters wie seines gesetz-
lichen Stellvertreters wählt der Stadtausschuß den Vorsitzenden aus seiner Mitte.
Derselbe bedarf der Bestätigung, des Regierungspräsidenten, in dem Stadtkreise
Berlin des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg.
Der Vorsitzende oder ein Mitglied des Stadtausfe uffes muß zum Richter-
amt oder zum höheren Verwaltungsdienst befähigt sein?).
§. 38. In Stadtkreisen, in denen der Bürgermeister allein den Gemeinde-
vorstand bildet, werden die außer dem Vorsitzenden zu bestellenden Mitglieder
von der Gemeindevertretung aus der Zahl der Gemeindebürger gewählt.
Die Wahl erfolgt auf sechs Jahre.
Alle drei Jahre scheidet die Hälfte der gewählten Mitglieder aus und wird
durch neue Wahlen ersetzt. Die Ausscheidenden bleiben jedoch in allen Fällen
bis zur Einführung der neu Gewählten in Thätigkeit.
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Zu Anmerkung 6 auf S. 1118.
Neben einem ernannten Mitgliede darf nicht zugleich sein Stellvertreter an der
Entscheidung theilnehmen, E. O. V. XXII. 323.
1) Bergl. §. 59 in Verbindung mit §. 18 und §. 50 in Verbindung mit §. 3
der Hohenzollernschen Amts- und Landes-Ordn. 2. April 1873 (G. S. S. 145).
2) In Stadrkreisen trin, abgesehen von besonderen Bestimmungen, an Stelle des
Landrathes der Polizeidirigent. Vergl. Res. 9. Juni 1894 (M. Bl. S. 101).
3) Regulativ 28. Febr. 1884 (M. Bl. S. 41) zur Ordnung des Geschäfts-
ganges und des Berfahrens bei den an Stelle des Kreisausschusses tretenden Behörden
(Stadtausschuß, Magistrat) im Geltungsbereich der Kr. O. 13. Dez. 1872. Vergl.
Anm. 2 zu §. 28.
) Daß deren Theilnahme zur Rechtsgültigkeit eines Beschlusses oder einer Ent-
scheidung nöthig, ist nicht ausgesprochen. Gemäß Res. 18. März 1877 (M. Bl.
S. 114) kann daher ein die Fähigkeit zum Richteramte 2c. besitzender Bürgermeister
durch einen ihrer entbehrenden Beigeordneten und zwar selbst dann vertreten werden,
wenn auch eines der gewählten Mitglieder die Fähigkeit nicht hat.