Abschnitt XXXIX. Landesverwaltungs-Gesetz. 1121
§. 43. An die Stelle des Provinzialraths tritt in den Fällen, in welchen
derselbe in erster Instanz beschließt, der Oberpräsident, in den übrigen Fällen
der zuständige Minister.
Für den Stadtkreis Berlin besteht ein besonderer Bezirksausschuß. Auf
denselben finden die Bestimmungen der §§. 28, 30 Satz 1, 31 Satz 3, 32,
33, 34, mit folgenden Maßgaben Anwendung:
1. An Stelle des Regierungspräsidenten tritt ein vom Könige ernannter
Präsident. Die Ernennung dieses Beamten kann im Nebenamte auf
die Dauer seines Hauptamtes in Berlin erfolgen. Beamte des Polizei-
präsidiums sind von dieser Ernennung ausgeschlossen.
2. Die zu wählenden Mitglieder werden durch den Magistrat und die Stadt-
verordnetenversammlung unter den Vorsitz des Bürgermeisters gewählt.
Dasselbe Kollegium beschließt an Stelle des Provinzialausschusses über
das Aufhören einer der für die Wählbarkeit vorgeschriebenen Bedingungen,
sowie über die Abänderung der Dauer der Wahlperiode. Die Mitglieder
des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung sind von der
Wählbarkeit ausgeschlossen.
Zur Zuständigkeit des Bezirksausschusses für den Stadtkreis Berlin ge-
hören die im Verwaltungsstreitverfahren zu behandelnden Angelegenheiten und
diefenigen im Beschlußverfahren zu behandelnden Angelegenheiten, welche im
Einzelnen durch die Gesetze seiner Zuständigkeit überwiesen werden; in Betreff
der übrigen im Beschlußverfahren zu behandelnden Anzelegenheiten tritt für
den Stadtkreis Berlin der Oberpräsident an die Stelle des Bezirksausschusses,
soweit nicht in den Gesetzen ein Anderes bestimmt ist.
§. 44. In Angelegenheiten der kirchlichen Verwaltung tritt für den
Stadtkreis Berlin an die Stelle der Regierungsabtheilung für Kirchen= und
Schulwesen der Polizeipräsident.
Bezüglich der Verwaltung des landesherrlichen Patronats 1) und des
Schulwesens verbleibt es bei den bestehenden Bestimmungen.
9. 45. Die Geschäfte der direkten Steuerverwaltung werden an Stelle
der Regierungsabtheilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten, für den
Stadtkreis Berlin von der „Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern“
wahrgenommen.
Diese Behörde wird in Betreff der Zuständigkeit in Disziplinarsachen den
im §. 24 Nr. 2 des Ges. vom 21. Juli 1852, betreffend die Dienstvergehen
der nicht richterlichen Beamten 2c., bezeichneten Provinzialbehörden gleichgestellt.
§. 46. Die Mitglieder der nach S. 41 Abs. 2 des Einkommensteuer-
gesetzes vom 24. Juni 1891 (G. S. S. 173) für die Haupt- und Residenz-
stadt Berlin zu bildenden Berufungskommission, soweit sie nicht der Finanz-
minister ernennt, werden von dem Magistrate und der Stadtverordneten-
versammlung in gemeinschaftlicher Sitzung unter dem Vorsitze des Bürger-
meisters gewählt.
§. 47. Für diejenigen Kategorten der in Berlin angestellten Beamten,
Zu Anmerkung 7 auf S. 1120.
pensions= und Unterstützungsangelegenheiten. Wegen der Zuständigkeit des Ober-
präfidenten vergl. v. Brauchitsch S. 58.
Klagen von Staatsbeamten in Berlin wegen vermögensrechtlicher Ansprüche aus
ihrem Dienstverhältniß find auch jetzt gegen den Regierungspräfidenten in Potsdam
zu richten. §. 3 Abs. 1 Satz 2 Ges. 24. Mai 1861 (G. S. S. 24) ist nicht auf-
gehoben, Erk. R. Ger. 7. Juni 1886 (Rassow und Küntzel XXXI. 1028).
1) Das Bolksschulwesen in Berlin ressortirt von dem Provinzialschulkollegium;
Bek. 16. Febr. 1826, das hier auch die den örtlichen Schulaufsichtsbehörden durch
Kab. O. 10. Juni 1834 (G. S. S. 135) in Ansehung der Beauffichtigung der
Privatschulen und des Privatunterrichtes beigelegten Befugnisse wahrzunehmen hat,
Erk. O. V. G. 14. Dez. 1889 Nr. I 1469. Die Ausübung des landesherrlichen
Patronatrechtes ebendaselbst steht der Ministerial-, Militär= und Baukommission zu
(Bd. 5. Sept. 1877, G. S. S. 215), vorbehaltlich der auf dem landesherrlichen
Patronate beruhenden Ernennungs= und Bernufungsrechte, deren Ausühung dem Kon-
fistorium verblieben ist.
Illing-Kauntz, Handtuch II, 7. Aufl. 71