Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1128 Abschnitt XXXIX. Landesverwaltungs-Gesetz. 
Das Gericht kann zur Aufklärung des Sachverhältnisses das persönltche 
Erscheinen einer Partei anordnen 0. 
Den Parteien steht es frei, ihre Erklärungen, auch ohne dazu besonders 
ansgefordert zu sein, vor dem Termine schriftlich einzureichen und zu ergänzen. 
Das Duplikat solcher Erklärungen ist der Gegenpartei zuzufertigen. Kann 
dies nicht mehr vor dem Termine zur mündlichen Verhandlung bewirkt werden, 
so . der wesentliche Inhalt der Erklärungen in dieser Verhandlung mit- 
zutheilen. 
§. 69. Wo die Gesetze zur Einleitung. des Verwaltungsstreitverfahrens 
statt der Klage den Antrag auf mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreit- 
verfahren geben, erfolgt auf den Antrag ohne Weiteres die Vorladung der 
Parteien zur mündlichen Verhandlung. 
Der Antrag muß Alles enthalten, was nach §F. 63 für den Klageantrag 
erfordert wird, soweit dasselbe nicht aus den Vorverhandlungen bei der Be- 
hörde sich ergiebt. 
§. 70. Das Gericht kann auf Antrag oder von Amtswegen die Bei- 
ladung Dritter, deren Interesse2) durch die zu erlassende Entscheidung berührt 
wird, verfügen. Die Entscheidung ist in diesem Falle auch den Beigeladenen 
gegenüber gültigs). 
§. 71. In der mündlichen Verhandlung sind die Parteien oder ihre mit 
Vollmacht“) versehenen Vertreter zu hören. 
Dieselben können ihre thatsächlichen oder rechtlichen Auführungen ergänzen 
oder berichtigen und die Klage abändern)), insofern durch die Abänderung nach 
dem Ermessen des Gerichts das Vertheidigungsrecht der Gegenpartei nicht ge- 
schmälert oder eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens nicht herbeigeführt 
wird. Sie haben sämmtliche Beweismittel anzugeben und, soweit dies nicht 
bereits geschehen, die schriftlichen ihnen zu Gebote stehenden Beweismittel vorzu- 
legen; auch können von ihnen Zeugen zur Vernehmnung vorgeführt werden. 
Der Vorsitzende des Gerichts hat ahin zu wirken, daß der Sachverhalt 
volsständt aufgeklärt und die sachdienlichen Anträge von den Parteien ge- 
ellt werden. 
  
1) Das Gesetz gewährt dem Gericht keine Zwangsmittel, um das persönliche Er- 
scheinen einer Partei herbeizuführen. 
Im Uebrigen ist die Borschrift des 8. 68 Abs. 2 keine zwingende; es steht viel- 
mehr (auch bei einem entsprechenden Parteiantrage) im freien Ermessen des Richters, 
ob er eine solche Anordnung erlassen will oder nicht, Erk. O. B. G. 8. Mai 1895 
(Pr. V. Bl. XVI. 486). 
2) Darunter ist nur ein rechtlich geschütztes Interesse zu verstehen, nicht etwa 
z. B. das Interesse eines Gemeindeangehörigen an einem ortsobrigkeitlichen Akt, E. 
O. B. X. 83. Die Unterlassung der Beiladung ist kein Revisionsgrund, da es ein 
Recht auf Beiladung nicht giebt. Die Wirkung ist lediglich, daß die Entscheidung 
dem Nichtbeigeladenen gegenüber nicht gilt. E. O. B. III. 109, IV. 174, V. 65, 
XV. 357. Betheiligung durch Nebenintervention gemäß C. Pr. O. §. 63 giebt es 
nicht, E. O. V. XI. 141. Die Inanspruchnahme eines passiv nicht legitimirten Be- 
klagten ist ein Mangel, der nicht durch Beiladung desjenigen, gegen den häite ge- 
klagt werden sollen, geheilt werden kann, E. O. V. Xl. 274, XXI. 214. 
3) Die Beigeladenen können auch Rechtsmittel gegen die Emscheidung einlegen, 
sofern sie durch sie in ihren eigenen Rechten verletzt zu sein behaupten und es 
sich um Rechte handelt, die im Verwaltungsstreitverfahren Schutz finden, Erk. O. 
B. G. 19. Juni 1878 (V. 163 ff.). Bergl. E. O. B. X. 83, XI. 192, XV. 72, 
XVIII. 236. 
4) Wegen Berwendung der Vollmachtstempel s. Res. 26. Juni 1896 (M. Bl. 
S. 116). 
*!) Eine Ergänzung und Berichtigung der thatsächlichen und rechtlichen Anfüh-= 
rungen der Parteien ist in allen Stadien des Verfahrens bis zur Fällung des Urtheils 
letzter Instanz zulässig. Eine Abänderung der Klage (des Klageantrages wie des 
Klagegrundes) ist in der Berufungs= wie in der Redvifionsinstanz ausgeschlossen, 
v. Brauchitsch 1. 86. Vergl. E. O. V. II. 275, IV. 356, VI. 223, VII. 238, VIII. 
287, XVI. 207, XXI. 390, XXII. 126.
	        
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