Abschnitt XXXIX. Landesverwaltungs-Gesetz. 1141
ist in solchen Fällen von der angerufenen Behörde zur weiteren Veranlassung
an diejenige Behörde abzugeben, gegen deren Beschluß sie gerichtet ist.
§. 123. Die Einlegung der Beschwerde steht in den Fällen des
Senau, aus Gründen des öffentlichen Interesses auch den Vorsitzenden der
ehörden zu.
Will der Vorsitzende von dieser Befugniß Gebrauch machen, so hat er
dies dem Kollegium fofort mitzutheilen.
Die Zustellung des Beschlusses bleibt in diesem Falle einstweilen, jedoch
längstens drei Tage, ausgesetzt. Sie erfolgt mit der Eröffnung, daß im öffent-
lichen Interesse die Beschwerde eingelegt worden sei. Ist die Zustellung ohne
diese Eröffnung erfolgt, so gilt die Beschwerde als zurückgenommen.
Die Gründe der Beschwerde sind den Betheiligten zur schriftlichen Er-
klärung innerhalb zwei Wochen mitzutheilen.
Nach Ablauf dieser Frist sind die Verhandlungen der Behörde einzureichen,
welcher die Beschlußfassung über die Beschwerde zusteht.
Eine vorläufige Vollstreckung des mit der Beschwerde angefochtenen Be-
schlusses (§. 53) ist in diesen Fällen ausgeschlossen.
§. 124. In dem Beschlußverfahren wird ein Kostenpauschguantum nicht
erhoben, ebensowenig haben die Betheiligten ein Recht, den Ersatz ihrer baaren
Auslagen zu fordern.
Jedoch können die durch Anträge und unbegründete Einwendungen er-
wachsenden Gebühren für Zeugen und Sachverständige demjenigen zur Last
elrgtr luren, welcher den Antrag gestellt, beziehungsweise den Einwand er-
oben hat.
Die sonstigen Kosten und baaren Auslagen des Verfahrens fallen dem-
jenigen zur Last, der nach gesetzlicher Bestimmung die Amtsunkosten der Be-
hörde zu tragen hat.
Bei den Vorschriften der Gewerbe-Ordnung behält es sein Bewenden.
§. 125. Ueber Beschwerden, welche die Leitung des Verfahrens und
Hesckosten betreffen, beschließt endgültig die in der Hauptsache zunächst höhere
nstanz.
8. 126. Der Oberpräfident kann endgültige!) Beschlüsse des Provinzial-
raths, der Regierungspräsident endgültige Beschlüsse des Bezirksausschusses
und der Landrath, beziehungsweise der Vorsitzende des Kreis-(Stadt-) Aus-
schusses endgültige Beschlüsse dieser Behörde mit aufschiebender Wirkung an-
fechten, wenn?:) die Beschlüsse die Befugnisse der Behörde überschreiten
oder das bestehende Recht, insbesondere auch die von den Behörden
1) Auf Beschlüsse, welche dadurch endgültig geworden sind, daß ein an sich zu-
lässiges Rechtsmittel gegen sie Überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig eingelegt worden
ist, findet der S. 126 keine Anwendung; er bezieht sich nur auf Beschlüsse, die im
Sinne des F. 121 nach ausdrücklicher Vorschrift des Ges. endgültig sind, E. O. V.
IX. 326. Eine Klage gegen einen Beschluß, der nur vorbehaltlich des ordentlichen
Rechtsweges endgültig ist, wird ebenfalls nicht zulässig sein, Erk. O. V. G. 14. Febr.
1885 (Nr. I. 184). Vergl. auch E. O. V. XVIII. 149.
2) Die Prüfung des Beschlusses nach seiner thatsächlichen Seite allein, seine
Würdigung nach seiner Nützlichkeit, Zweckmäßigkeit, Sachgemäßheit ist überall da
ausgeschlossen, wo das Gesetz das Ermessen der Behörde walten läßt, Erk. O. V. G.
27. Febr. 1884 (E. XI. 84). (In casu focht der Landrath den Beschluß des Kreis-
ausschusses an, der sich für die Bestätigung eines gewählten Gemeindevorstehers aus-
sprach, während der Landrath gegen die Bestätigung des nach seiner Ansicht nicht
Qualifizirten Gewählten war. Das Oberverwaltungsgericht verwarf die von dem
Landrath gegen den Beschluß des Ausschusses erhobene Klage.) Vergl. auch E. O. V.
VI. 226, VI1. 306, VIII. 331.
Ein Beschluß des Kreisausschusses kann vom Landrath nur angefochten werden,
wenn er von den in beschlußfähiger Auzahl zu einer Sitzung versammelten Mit-
gliedern, nach gemeinschaftlicher Berathung unter Sachleitung des Vorsitzenden durch
pversönliche Abstimmung gefaßt ist, E. O. V. XIX. 4.