Abschnitt XXXIX. Zuständigkeits-Gesetz. 1161
Ueber die im ersten Absatze bezeichneten Angelegenheiten beschließt vor-
läufig, sofern es das öffentliche Interesse erheischt, der Kreisausschuß. Bei
dem Beschluß behält es bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verwaltungs-
streitverfahren sein Bewenden ½.
§. 27, Die Gemeindevertretung, wo eine solche nicht besteht, der Gemeinde-
vorstand beschließt: »
1. auf Beschwerden und Einsprüche?), betreffend den Besitz oder den Verlust
der Gemeindemitgliedschaft, sowie des Gemeindebürgerrechts, des Stimm-
rechts in der Gemeindeversammlung, des Rechts zur Theilnahme an den
Gemeindewahlen?), die Zugehörigtelt zu einer bestimmten Klasse von
Stimmberechtigten, die Wählbarkeit zu einer Stelle in der Gemeinde-
verwaltung oder Gemeindevertretung, die Ausübung des Stimmrechts
durch einen Dritten, sowie über die Richtigkeit der Gemeinde-
wählerliste“):
2. über die Gültigkeit der Wahlen zur Gemeindevertretung;
3. über die Berechtigung zur Ablehnung oder Niederlegung einer Stelle in
der Gemeindeverwaltung oder Gemeindevertretung, über die Nachtheile,
welche gegen Angehörige (Mitglieder) der Gemeinde wegen Nichterfüllung
der ihnen nach den Gemeindeverfassungsgesetzen obliegenden Pflichten,
sowie über die Strafen, welche gegen Mitglieder der Gemeindevertretung
wegen Zuwiderhandlungen gegen die Geschäftsordnung oder wegen un-
entschuldigten Ausbleibens nach Maßgabe der Gemeindeverfassungs-
gesetze zu verhängen sind.
Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste sind während der Dauer
der Auslegung der letzteren, Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahlen zur
Gemeindevertretung innerhalb zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahl-
ergebnisses, und in allen Fällen bei dem Gemeindevorstande anzubringen.
In dem Geltungsbereiche der Kurhessischen Gemeinde-Ordnung finden die
Vorschriften des §. 10 Abs. 3 des gegenwärtigen Gesetzes entsprechende An-
wendung.
§. 28. Die Beschlüsse der Gemeindevertretung, beziehungsweise des Ge-
meindevorstandes, in den Fällen des §. 27 bedürfen keiner Genehmigung oder
Bestätigung von Seiten des Gemeindevorstandes oder der Aufsichtsbehörde.
Gegen die Beschlüsse findet die Klages) im Verwaltungsstreitverfahren
Zu Anmerkung 3 auf S. 1160.
eines Gutes als selbständigen Gutsbezirkes bedarf es schon in erster Instanz der Be-
theiligung eines Kommissarius zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses als
Partei im Streitverfahren, E O. B. XII 178.
1) Diese Beschlüsse bilden die vorläufige Grundlage für die aus der Eigenschaft
als Gemeinde- oder Gutsbezirk, sowie aus der Zugehörigkeit zu solchen sich ergebenden
Rechte und Verbindlichkeiten, z. B. hinsichtlich der Verpflichtung des Gutsherrn zur
Brennholzlieferung an Elementarschulen nach der Schul-Ordnung für Ost= und West-
preußen, E. O. B. XX. 168. Vergl. E. O. V. XXIV. 121.
2) Es genügt ein mündlicher Einspruch, vorausgesetzt, daß darauf schriftlich oder
mündlich ein Bescheid ertheilt ist, E. O. V. VIII. 118.
2) Tritt die ausführende Gemeinde der Ausübung des Gemeinderechtes entgegen,
so findet dagegen die Beschwerde an die Gemeindevertretung zeitlich unbeschränkt statt,
E. O. V. XXVI. 108.
4) d. h. über Einwendungen gegen die Richtigkeit der Liste, E. O. V. XXV. 121.
*) Wird die Klage gegen den Beschluß einer Gemeindevertretung erhoben, so
wird letztere, wenn sie nicht einen besonderen Bertreter wählt, durch den Gemeinde-
vorsteher, bezw. denjenigen, der die Geschäfte des Gemeindevorstehers verfieht, im
Streitverfahren vertreten, E. O V. VI. 136ff.
Der Richter im Verwaltungsstreitverfahren kann, wenn Klage gegen die Ordnungs-
mäßigkeit der Wahl eines Gemeindeverneters erhoben wird, nur die angefochtene
Wahl für ungültig erklären; er ist nicht befugt, ein anderes Wahlresultat als zu Recht
bestehend festzustellen, E. O. B. VI. 136.
Zu den Beschlüssen gemäß §. 27, 2 gehören auch solche, durch die das Aus-
scheiden einzelner Mitglieder der Gemeindevertretung geregelt wird, z. B. das Aus-