1162 Abschnitt XXXIX. Zuständigkeits-Gesetz.
statt. Die Klage steht in den Fällen des §. 27, wenn der Beschluß von der
Gemeindevertretung gefaßt ist, auch dem Gemeindevorstande, sowie in der Pro-
vinz Westfalen dem Amtmanne zu.
Die Klage hat in den Fällen des §. 27 unter 1 und 2 keine aufschiebende
Wirkung; jedoch dürfen Neuwahlen vor ergangener rechtskräftiger Entscheidung
nicht vorgenommen werden.
§. 29. Beschlüsse der Gemeindeversammlung, der Gemeindevertretung
oder des kollegialischen Gemeindevorstandes, welche deren Befugnisse überschreiten
oder die Gesetze verletzen, hat der Gemeindevorsteher, in der Provinz Westfalen
auch der Amtmann, entstehenden Falles auf Anweisung der Ausfsichtsbehörde
mit aufschiebender Wirkung, unter Angabe der Gründe, zu beanstanden!?).
Gegen die Verfügung des Gemeindevorstehers beziehungsweise Amtmanns steht
der Gemeindeversammlung, Gemeindevertretung, beziehungsweise dem kollegia-
lischen Gemeindevorstande die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zu.
Die in den Gemeindeverfassungsgesetzen begründete Befugniß der Aufsichts-
behörde, aus anderen als den vorstehend angegebenen Gründen eine Bean-
standung von Beschlüssen der Gemeindevertretung oder des kollegialischen Ge-
meindevorstandes herbeizuführen, wird aufgehoben?).
§. 30. Gemeindebeschlüsse über die Veräußerung oder wesentliche Ver-
änderung von Sachen, welche einen besonderen wissenschaftlichen, historischen
oder Kunstwerth haben, insbesondere von Archiven oder von Theilen derselben,
unterliegen der Genehmigung des Regierungspräsidenten.
Hinsichtlich der Verwaltung der Gemeindewaldungen bewendet es bei den
bestehenden Bestimmungen. · -
§. 31. Im Uebrigen beschließt der Kreisausschuß, soweit die Beschluß-
fassung in den Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichtsbehörde oder — in
der Provinz Hessen = Nassau — dem Amtsbezirksrathe zusteht, über die Be-
stätigung (Genehmigung) von Ortsstatuten und sonstigen, die ländlichen Ge-
meindeangelegenheiten betreffenden Gemeindebeschlüssen 2), sowie über die Herbei-
führung und erforderlichen Falles Anordnung einer Ergänzung oder Ab-
änderung der in Ansehung der Gemeindelasten oder des Gemeindestimmrechts
bestehenden Ortsverfassung. . . . .
In den vorstehend bezeichneten Fällen findet neben der Beschlußfassung
des Kreisausschusses die in den Gemeindeverfassungsgesetzen vorgeschriebene
Anhörung des Kreistages nicht mehr statt.
– — ½ .
Die §§. 33 und 34 Titel 7 Theil II. des A. L. R., die Kab. O. vom
25. Januar 1831, betreffend die Erwerbung von Rittergütern durch Dorf-
gemeinden oder deren Mitglieder (G. S. S. 5), und der §F. 4 des Anhangs
zur allgemeinen Gerichts-Ordnung sind aufgehoben.
. 32. Der Kreisausschuß beschließt, soweit die Beschlußfassung nach den
Gemeindeverfassungsgesetzen der Aufsichtsbehörde zusteht:
1. über die Zahl der aus jeder einzelnen Ortschaft einer Gemeinde zu
wählenden Mitglieder der Gemeindevertretung, .
2. über die Vornahme außergewöbnlicher Ersatzwahlen zur Gemeindever-
tretung oder in den Gemeindevorstand,
3. über die Vermehrung der Zahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes,
der Schöffen und der Ortsvorsteher, sowie über die Bestellung beson-
Zu Anmerkung 5 auf S. 1161.
losen, E. O. B. XIX. 136, ferner die Unzuständigkeitserklärung einer Gemeinde-
vertretung oder eines Gemeindevorstandes, E. O. V. XIV. 185.
1) Den Gemeindeangebörigen steht ein klagbarer Anspruch auf Beanstandung der
ihre Rechte verletzenden Gemeindebeschlüsse nicht zu, E. O. V. XXVII. 87.
2) Insbesondere ist der Landrath zur Beanstand ung des Etats einer Landgemeinde
nicht berechtigt, E. O. B. XXIII. 76.
3) Die Genehmigung kann durch stillschweigende Willensäußerungen, insbesoudere
durch anderweite, die thatsächliche Zustimmung in sich schließende und für deren Bestehen
konkludente Erklärungen und Handlungen der Auffichtsbehörde erfolgen, E. O. V. IX. 41.
!) Abs. 3, 4 find durch das Komm. Abg. Ges. 14. Juli 1893, insbesondere
§§. 77 ff. ersetzt worden.