Abschnitt XL. Schulpflichtigkeit. 1227
Zu Anmerkung 3 auf S. 1296. .
S. 84 ebendaselbst. Nach zurückgelegtem 14. Lebensjahre steht es lediglich in der
Wahl der Kinder, zu welcher Religionspartei fie sich bekennen wollen.
§. 641 II. 2. A. L. R. Uneheliche Kinder werden bis zum geendigten 14. Jahre
in dem Glaubensbekenntnisse der Mutter erzogen.
Wenn eines der Eltern stirbt, so entscheidet:
a) wenn der Vater der Ueberlebende ist, lediglich dessen Wille,
b) wenn der Bater gestorben ist, die Vormundschaft und diese muß das Kind
bis zum 14. Jahr in der Religion des Vaters erziehen lassen, wenn er nicht etwa
durch das ganze letzte Jahr vor seinem Tode (vergl. oben §. 82) das Kind in einem
Religionsbekenutniß, dem er selbst nicht angehört, hat erziehen lassen. Die Taufe
des Kindes in einer Kirche, welcher der Bater nicht angehört, rechtfertigt für
sich allein keine Ausnahme und ebenso wenig der Besuch der Ortsschule Seitens
eines Kindes, das nicht in der Konfession des angestellten Lehrers, den gesetzlichen
Bestimmungen zu Folge, zu erziehen ist, es sei denn, daß das Kind nach dem
Willen des Vaters an dem vom Lehrer zu ertheilenden Religionsunterricht Theil
genommen hat. ·
Ueber die religiöse Erziehung der Kinder entscheidet zunächst der übereinstimmende
Wille der Eltern und bei dem Tode des Vaters hat die in der Religion der Mutter
begonnene Erziehung eines Kindes in gleicher Weise fortzudauern, wenn ihre seit-
herige Dauer — wenigstens während des ganzen letzten Jahres vor dem Tode des
Baters — eine derartige Absicht des Berstorbenen annehmen läßt, Beschl. K. G.
5. April 1886 (E. K. VI. 53).
Von dem in der Dekl. 21. Nov. 1803 aufgestellten Grundsatze, daß Kinder aus
gemischter Ehe in der Religion des Baters zu unterrichten sind, giebt es nur zwei
gesetzlich zugelassene Ausnahmen: einmal während bestehender Ehe eine etwaige ab-
weichende Willensneigung der Eltern, dann der Fall des §. 82 II. 2. A. L. R.,
wenn der Vater ein Kind während des ganzen letzten Jahres vor seinem Tode in
der von der seinigen verschiedenen Konfession des anderen Ebegatten hat unterrichten
lassen. Andere Ausnahmen sind selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn unter An-
wendung jenes Grundsatzes in Verbindung mit der letztgedachten Ausnahme Zustände
hervorgerufen werden, deren Vermeidung bei Erlaß der Deklaration gerade bezweckt
wurde, Beschl 14. Juni 1889 (E. K. IX. 44).
Stirbt der Vater, bevor die Kinder das Alter erreicht haben, in dem ihnen Re-
ligionsunterricht ertheilt wird, so tritt wieder die Vorschrift der Dekl. 21. Nov. 1803
in Kraft, auch wenn der Vater vor seinem Tode ausdrücklich oder fillschweigend
einen abweichenden Willen erklärt hat. Nur wenn der Bater ein Kind wenigstens
während des ganzen letzten Jahres vor seinem Tode in dem Glaubensbekenntniß
der Mutter hat unterrichten lassen, so ist dieser Unterricht in derselben Art auch nach
seinem Tode bis zum vollendeten 14. Lebensjahre des Kindes fortzusetzen, Beschl.
24. Nov. 1884 (E. K. V. 65).
Die Vorschrift in der Dekl. 21. Nov. 1803, daß eheliche Kinder jedesmal in
der Religion des Vaters unterrichtet werden sollen, kann dann nicht Platz greifen,
wenn durch ihre Anwendung Zustände geschaffen würden, denen durch Erlaß der
Deklaration gerade vorgebeugt werden sollte, Beschl. 2. Jan. 1888 (E. K. VII. 40).
(In casu hatte der Sohn des der evangelischen Konfession angebörenden Vaters vor
dessen Tode sechs Wochen lang die katholische Schule besucht, die Mutter und die
2 ältesten Geschwister gehörten der katholischen Konfession an und eine ältere noch
die Schule besuchende Schwester wurde in der katholischen Konfession unterrichtet.
Die Beschwerde der betreffenden Regierung, die die Erziehung des Mündels in der
evangelischen Konfession beantragte, wurde im Hinblick auf die obwaltenden Ver-
hältnisse im Interesse des Mündels, durch Beschluß des Landgerichts Schneidemühl
verworfen.)
Die Thatsache, daß der Vater einen Sohn während des ganzen letzten Jahres
vor seinem Tode nicht in seinem Glanbensbekenntnisse, sondern in dem der Mutter
hat unterrichten lassen, hat nach preuß. Landrecht keinen Einfluß auf die Frage, in
welchem Glaubensbekenntnisse die jüngeren Geschwister desselben zu unterrichten find,
Beschl. 21. Mai 1883 (E. K. IV. 76).
Der Steefvater lediglich als solcher hat kein Recht, Erk. K. G. 23. Nov. 1890