118 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Fabrikarbeiter.
Den Unternehmern von Fabriken, in welchen in der Regel mindestens
zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, ist untersagt, für den Fall der rechts-
widrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeiter die Ver-
wirkung des rückständigen Lohnes über den Betrag des durchschnittlichen
Wochenlohnes hinaus auszubedingen. Auf die Arbeitgeber und Arbeiter in
solchen Fabriken finden die Bestimmungen des §. 124b keine Anwendung.
§. 134 a ). Für jede Fabrik, in welcher in der Regel mindestens zwanzig
Arbeiter beschäftigt werden, ist innerhalb vier Wochen nach Inkrafttreten dieses
Gesetzes oder nach der Eröffnung des Betriebes eine Arbeitsordnung zu
erlassen:). Für die einzelnen Abtheilungen des Betriebes oder für die einzelnen
Zu Anmerkung 1 auf S. 117.
liegt. Für einen Fabrikbetrieb sprechen: Größe und Ausdehnung der Räumlichkeiten,
Zahl der regelmäßig und dauernd beschäftigten Arbeiter, die Methode der Herstellung
der Erzeugnisse mittels Maschinen oder elementarer Triebkraft, die Arbeitstheilung,
die Anfertigung der Erzeugnisse auf Vorrath, der regelmäßige Ausschluß eines Lehr-
verhälmisses u. s. w., E. Crim. XIV. 423, XXVI. 161. Keines der Merkmale
muß mit anderen zusammentreffen, oder ist unbedingt entscheidend; desgl. ist die
Anwendung von Maschinen nicht unbedingt erforderlich, ebensowenig ist die Größe
der Räume immer maßgebend. Eine Buchdruckerei, ein Damenkonfektionsgeschäft,
in dem 30 bis 50 Arbeiter in zwei ineinandergehenden, meift abgeschlossenen großen
Arbeitszimmern beschäftigt werden und in denen die einzelnen Arbeiterinnen steis
nur einen bestimmten Theil der Kostüme, die einen Aermel, die anderen Röcke 2c.
zu nähen haben, können sehr wohl als Fabriken anzusehen sein, E. Crim. VII. 91,
VIII. 124; auch Wäschereien, E. Crim. XXVI. 189. Gleichgültig ist auch, ob sich
der Gewerbetreibende als Fabrikant bezeichnet und ob er in das Handelsregister ein-
getragen ist.
„Fabrikarbeiter“ sind alle in einem seiner Natur nach dauernden vertragsmäßigen
Dienstverhältnisse zu einem Fabrikunternehmer stehenden gewerblichen Arbeiter, die
dem Fabrikinhaber ihre Arbeitskraft zu Gebote zu stellen und Dienstleistungen zu
verrichten verpflichtet sind, die in den Arbeiten des Gewerbebetriebes bestehen und
sich namentlich nicht auf Hausarbeit (Gesindedienste) beziehen, mögen sie innerhalb
oder außerhalb der Fabrikräume beschäftigt sein, vergl. E. Crim. IX. 264. Es
gehören daher zum Fabrikbetriebe auch das Montieren von Maschinen und das
Hinüberschaffen von Gegenständen aus einem Raum in den anderen; desgl. alle
Arbeiten, die zwar nicht zur eigentlichen Herstellung der Fabrikate dienen, wohl aber
den Zwecken des Betriebes, z. B. das Verpacken, das Herbeischaffen von Materialien 2c.;
mithin also z. B. die Thätigkeit als Heizer, Packer, Magazinarbeiter, Kutscher (vergl.
Erk. R. G. 20. Juni 1884, Reger V. 14), das Falzen und Verpacken von Zeitungen,
Erk. R. G. 5. Jan. 1886 (Reger VI. 407), das Ausgeben von Materialien an die
Fabrikarbeiter und die Kontrole der Wiederablieferung, E. Crim. XXIV. 181, sogar
das Ausräumen und Ausfegen der Geschäftslokalitäten, Erk. K. G. 12. Dez. 1895
(D. Jur. Zig. I. 163). Auch die mit der Herstellung des Rohmaterials für die
Fabrikate beschäftigten Arbeiter können Fadrikarbeiter sein. Doch darf die Erzeugung
und Gewinnung derjenigen Stoffe, die zu den industriellen Erzeugnissen der Fabrik
verwendet werden sollen, ohne eine weitere organische Verbindung mit der
Fabrik nicht in den Kreis der für die Herstellung des Fabrikats selbst erforderlichen
Arbeiten hineingezogen werden, Erk. 1. Febr. 1892 (E. Crim. XXII. 313).
Keine Fabrikarbeiter sind die Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker, E. IX.
264, XVII. 305, XXII. 314, ferner die für einen Fabrikunternehmer thätigen Haus-
gewerbetreibenden (Heimarbeiter), E. Crim. XXIV. 181.
Für den Begriff der Beschäftigung im Sinne der Vorschriften zum Schutze
jugendlicher Arbeiter kommt es nicht darauf an, welche Arbeiten dieser verrichtet. Das
Erlernen irgend eines Zweiges technischer Arbeit in den Fabrikräumen ist daher als
Beschäftigung in der Fabrik anzusehen. Bergl. E. Crim. VII. 305, XXI. 152.
2) Vergl. Art. 3 Nr. 2 Ges. 26. Juli 1897 (R. G. Bl. S. 663).
1) Zu S§. 134 a—h vergl. Ausf. Anw. 26. Febr. 1892 Abschn. D. ·
„:) Die Aufnahme einer Bestimmung, wonach das Arbeitsverhältniß gleichmäßig
von Arbeitgebern und Arbeitern ohne Aufkündigung jeder Zeit gelöst werden kann-
ist gesetzlich nicht unstatthaft, Res. 30. Juni 1892 (M. Bl. S. 276).