Abschnitt XL. Reglement für die Volksschulen. 1245
daueben besondere Leitfäden zur Anwendung kommen. Dictate sind nicht zu gestatten,
ebenso ist das rein mechanische Einlernen von Geschichtszahlen, Regentenreihen u. s. w.
Länder, und Städtenamen, Einwohnerzahlen, von Namen, Merkmalen der Pflanzen,
Maß- und Verhältnißzahlen in der Naturlehre verboten. In der Geographie und der
Naturkunde ist von der Anschauung anszugehen, welche in der Geographie durch den
Globus und die Karte, in der Naturbeschreibung durch die zur Besprechung gebrachten
Gegenstände oder durch gute Abbildungen, in der Naturlehre wenigstens in der mehr-
llassigen Schule durch das Experiment zu vermitteln ist.
Ueberall, auch in mehrklassigen Schulen, ist unter stufenweiser Erweiterung des
Stoffes von dem Leichteren zum Schweren, von dem Näheren zum ferner Liegenden
fortzuschreiten.
32. Geschichte.
In der Geschichte find aus der älteren Geschichte des deutschen Vaterlandes und
aus der älteren brandenburgischen Geschichte einzelne Lebensbilder zu geben; von den
Zeiten des dreißigjährigen Krieges und der Regierung des großen Kurfürsten an ist
die Reihe der Lebensbilder ununterbrochen fortzuführen. Soweit sie dem Verstäudniß
der Kinder zugänglich sind, werden die kulturhistorischen Momente in die Darstellung
mit ausgenommen.
Die Ausführlichkeit und die Zahl der Bilder bestimmt sich nach der Art der
Schule und dem Maße der Zeit, die auf den Gegenstand verwendet werden kann.
33. Geographie.
Der geographische Unterricht beginnt mit der Heimathskunde; sein weiteres
Pensum bilden das deutsche Vaterland und das Hauptsächlichste von der allgemeinen
Weltkunde: Gestalt und Bewegung der Erde, Entstehung der Tages= und Jahres-
zeiten, die Zonen, die fünf Weltmeere und die fünf Erdtheile, die bedeutendsten
Staaten und Städte der Erde, die größten Gebirge und Ströme.
Das Maß des darzubietenden Stoffes wird durch die Art der Schule bedingt;
es ist indeß bei Aufstellung des Lehrplanes vorzuziehen, nöthigenfalls den Umfang des
Lehrstoffes zu beschränken, statt auf dessen Veranschaulichung zu verzichten und den
Unterricht in Mittheilung bloßer Nomenclatur ausarten zu lassen.
34. Naturbeschreibung.
Gegenstand des Unterrichtes in der Naturbeschreibung bilden außer dem Bau
und dem Leben des menschlichen Körpers: die einheimischen Gesteine, Pflanzen und
Thiere, von den ausländischen die großen Raubthiere, die Thier-- und Pflanzenwelt
des Morgenlandes und diejenigen Kulturpflanzen, deren Produkte bei uns in täglichem
Gebrauche find (z. B. Baumwollenstaude, Theestrauch, Kaffeebaum, Zuckerrohr). Von
den einheimischen Gegenständen treten diejenigen in den Vordergrund, welche durch
den Dienst, den sie dem Menschen leisten (z. B. Hausthiere, Vögel, Seidenranpe,
Getreide und Gespinnstpflanzen, Obstbäume, das Salz, die Kohle), oder durch den
Schaden, den sie dem Menschen thun (Giftpflanzen), oder etwa durch die Eigenthüm-
lichkkeit ihres Lebens und ihrer Lebensweise (z. B. Schmetterling, Trichine, Band-
wurm, Biene, Ameise) besonderes Interesse erregen.
In der mehrklassigen Schule kann nicht nur eine Bermehrung der Gegenstände,
sondern auch eine systematische Ordnung derselben und ein näheres Eingehen auf
ihre gewerbliche Berwendung stattfinden. Die Gewöhnung der Kinder zu einer auf-
merksamen Beobachtung und ihre Erziehung zu sinniger Betrachtung der Natur ist
überall zu erstreben.
35. Naturlehre.
In dem naturkundlichen Unterrichte der Schule mit einem oder zwei Lehrern sind
die Schüler zu einem annähernden Verskändniß derjenigen Erscheinungen zu führen,
welche sie täglich umgeben.
In der mehrklassigen Schule ist der Stoff so zu erweitern, daß das Wichtigste
aus der Lehre vom Gleichgewichte und der Bewegung der Körper, vom Schall, vom
Lichte und von der Wärme, vom Magnetismus und der Elektrizität zu geben ist, so
daß die Kinder im Stande sind, die gewöhnlichen Naturerscheinungen und die ge-
bräuchlichsten Maschinen erklären zu können.