Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

120 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Fabrikarbeiter. 
Andere als die in der Arbeitsordnung oder in den 88. 123 und 124 vor- 
gesehenen Gründe der Entlassung und des Austritts aus der Arbeit dürfen im 
Arbeitsvertrage nicht vereinbart werden. Andere als die in der Arbeitsordnung 
vorgesehenen Strafen dürfen über den Arbeiter nicht verhängt werden. Die 
Strafen müssen ohne Verzug festgesetzt und dem Arbeiter zur Kenntniß gebracht 
werden 7. 
Die verhängten Geldstrafen sind in ein Verzeichniß einzutragen, welches 
den Namen des Bestraften, den Tag der Bestrafung, sowie den Grund und 
die Höhe der Strafe ergeben und auf Erfordern dem in §. 139b bezeichneten 
Beamten jederzeit zur Einsicht vorgelegt werden muß. 
§. 1344. Vor dem Erlaß der Arbeitsordnung oder eines Nachtrags zu 
derselben ist den in der Fabrik, oder in den betreffenden Abtheilungen des 
Betriebes beschäftigten großjährigen Arbeitern Gelegenheit zu geben, sich über 
den Inhalt derselben zu äußern. *# 
Für Fabriken, für welche ein ständiger Arbeiterausschuß besteht, wird 
dieser Vorschrift durch Anhörung des Ausschusses über den Inhalt der Arbeits- 
ordnung genügt. Z " 
§. 134e. Die Arbeitsordnung, sowie jeder Nachtrag zu derselben ist 
unter Mittheilung der seitens der Arbeiter geäußerten Bedenken, soweit die 
Aeußerungen schriftlich oder zu Protokoll erfolgt sind, binnen drei Tagen nach 
dem Erlaß in zwei Ausfertigungen unter Beifügung der Erklärung, daß und 
in welcher Weise der Vorschrift des §. 1344 genügt ist, der unteren Ver- 
waltungsbehörde einzureichen. 
Die Arbeitsordnung ist an geeigneter, allen betheiligten Arbeitern zugäng- 
licher Stelle auszuhängen. Der Aushang muß stets in lesbarem Zustande 
erhalten werden. Die Arbeitsordnung ist jedem Arbeiter bei seinem Eintritt 
in die Beschäftigung zu behändigen. 
§. 134f. Arbeitsordnungen und Nachträge zu denselben, welche nicht vor- 
schriftsmäßig erlassen sind, oder deren Inhalt den gesetzlichen Bestimmungen 
uwiderläuft, sind auf Anordnung der unteren Verwaltungsbehörde durch ge- 
setzmößige Arbeitsordnungen zu ersetzen oder den gesetzlichen Vorschriften ent- 
sprechend abzuändern. 
Gegen diese Anordnung findet binnen zwei Wochen die Beschwerde an die 
höhere Verwaltungsbehörde statt. 
§. 1349. Arbeitsordnungen, welche vor dem Inkrafttreten dieses Ge- 
setzes erlassen worden sind, unterliegen den Bestimmungen der 88. 134a bis 
1346, 134e Abs. 2, 134 und sind binnen vier Wochen der unteren Ver- 
waltungsbehörde in zwei Ausfertigungen einzureichen. Auf spätere Abände- 
rungen dieser Arbeitsordnungen und auf die seit dem 1. Januar 1891 erst- 
malig erlassenen Arbeitsordnungen finden die §§. 1344 und 134e Abs. 1 
Anwendung. !7m* 
§. 134h. Als ständige Arbeiterausschüsse im Sinne der §§. 134b Abs. 3 
und 1344 gelten nur: „ 
1. diejenigen Vorstände der Betriebs= (Fabrik-) Krankenkassen oder anderer 
für die Arbeiter der Fabrik bestehender Kasseneinrichtungen, deren Mit- 
glieder in ihrer Mehrheit von den Arbeitern aus ihrer Mitte zu wählen 
find, sofern sie als ständige Arbeiterausschüsse bestellt werden; 
2. die Knappschaftsältesten von Knappschaftsvereinen, welche die nicht den 
Bestimmungen der Berggesetze unterstehenden Betriebe eines Unternehmers 
umfassen, sofern sie als ständige Arbeiterausschüsse bestellt werden; 
3. die bereits vor dem 1. Januar 1891 errichteten ständigen Arbeiter- 
ausschüsse, deren Mitglieder in ihrer Mehrzahl von den Arbeitern aus 
ihrer Mitte gewählt werden, **-1 
4. solche Vertretungen, deren Mitglieder in ihrer Mehrzahl von den voll- 
jährigen Arbeitern der Fabrik oder der betreffenden Betriebsabtheilung 
  
1) Zulässig ist die Aufnahme einer Bestimmung in die Arbeitsordnung, wonach 
durch besonderen Vertrag mit einzelnen Arbeitern Abweichungen von den gesetzlichen 
oder in der Arbeitsordnung festgesetzten Kündigungsfristen vereinbart werden können, 
Res. 27. Okt. 1893 (M. Bl. S. 273).
	        
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