Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XLI. Von Parochien. 1319 
§. 295. Der Regel nach hängt die Bestimmung, zu welcher Kirche sie sich 
halten wollen, von der Mehrheit der Stimmen einer solchen Gemeinde ab. 
O §. 296. Doch können, wenn keine Vereinigung stattfindet, die eistlichen 
bern nach Bewandniß der Umstände, einen Theil der Gemeinde zu d eser, und 
ie Uebrigen zu einer andern Kirche weisen. 
JI. 297. Bei der Zuschlagung solcher Gemeinden zu benachbarten Kirchen 
müssen die Abgaben und Beiträge derselben, so wie ihre Theilnehmung an 
einem der Gemeinde bei Besetzung der Pfarrstelle zukommenden Wahlrechte, unter 
Direktion der geistlichen Obern, durch Verträge bestimmt werden. 
§. 298. Sind damals keine Verträge geschlossen worden: so muß die 
fehlende Bestimmung, in vorkommenden streitigen Fällen, von den geistlichen 
bern, nach der Billigkeit, und nach dem, was unter ähnlichen Umständen, im 
Kreise oder in der Provinz üblich ist, ergänzt werden. 
Z 1 299. Dergleichen Zuschlag hat zwar nicht die Wirkung einer beständigen 
Einp arrung. 
§. 300. Es können aber die zugeschlagenen Gemeinden nur aus erheblichen 
Ursachen, und nur unter Approbation der geistlichen Obern, von der einmal 
gewählten Kirche wieder abgehen. 
J. 301. So lange der Pfarrer, welcher für diese zugeschlagene Gemeinde 
mit berufen worden, noch im Amte steht, kann zu seinem Nachtheil eine Ab- 
trennung dieser Gemeinde nicht gestattet werden. 
§. 302. Dagegen hat der Prediger, während dessen Amtsführung die Zu- 
schlagung geschehen ist, gegen eine von den geistlichen Obern genehmigte Wieder- 
abtrennung kein Recht zum Widerspruche. 
Verlassung der Parochie. 
S§. 303. Wer von einer Religionspartei zur andern übergehtt!), verläßt 
leine bisherige Parochie. Z 
§. 304. Wer seinen Wohnsitz außer den Grenzcn seiner bisherigen Parochie 
verlegt, wird dadurch zugleich von dem Pfarrzwange derselben frei. 
Aufhebung der Parochie. 
§. 306. Die unter Genehmigung des Staats einmal bestehenden Parochien 
können ohne dergleichen Genehmigung nicht wieder aufgehoben werden. 
§. 307. Dadurch, daß aus Mangel an Eingepfarrten in einer Kirche eine 
Zeitlang keine gottesdienstlichen Handlungen haben vorgenommen werden können, 
verliert derselbe noch nicht die Rechte einer Parochialkirche. 
§. 308. Wenn aber, aus Mangel an Eingepfarrten, die Stelle des Pfarrers 
länger als Zehn Jahre hindurch unbesetzt geblieben ist: so kann der Landesherr, 
wo nicht besondere Landesverfassungen oder Tractaten entgegen stehen, über die 
vacante Kirche verfügen; und alsdann erlöschen auch die etwaigen Parochial- 
rechte derselben?). 
Zu Anmerkung 3 auf S. 1318. 
durch das Gesetz 16. Febr. 1880 (G. S. S. 51), betr. die Aufhebung des Ber- 
hältnisses der vagirenden und Gastgemeinden, beseitigt. 
1) Ein solcher Uebertritt ist in dem Beitritt zur Union nicht enthalten, Res. 
2. Mai 1826 (A. X. 351), Kab. O. 30. April 1830 (G. S. S. 64) und 28. Febr. 1834 
(A. XVIII. 74), Erk. 8. Febr. 1868 (M. Bl. S. 121). Vergl. Anm. zu §. 261 
und Ges. 14. Mai 1873 (G. S. S. 207)0. 
:) Gesetz 13. Mai 1833 über erloschene Parochien (G. S. S. 51). 
§s. 1. Eine Parochie ist als erloschen anzusehen, wenn binnen Zehn Jahren: 
a) entweder gar keine Mitglieder ihrer Religionspartei in dem Pfarrbezirk einen 
ordentlichen Wohnsitz gehabt haben; 
b) oder gar kein Pfarrgottesdienst daselbst stattgefunden hat; 
e) oder endlich die Zahl der Eingepfarrten fortwährend so gering gewesen, daß 
zu einem ordentlichen Pfarrgottesdienst kein Bedürfniß vorhanden war. 
§. 2. Entstehen Zweifel über das Dasein der im §. 1 aufgestellten Bedingungen, 
so sollen dieselben zu Unserer Allerhöchsten landesherrlichen Entscheidung vorgelegt 
werden. 
  
 
	        
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