Abschnitt XLI. Von dem Pfarrer und dessen Rechten. 1321
Gottesdienstes bei einer Parochialkirche bestellt worden, wird der Pfarrer des
Kirchspiels genannt.
Erfordernisse und allgemeine Pflichten derselben.
§F. 319. Ein Pfarrer muß die von einem geschickten und tugendhaften
Geistlichen erforderlichen Eigenschaften !) im vorzüglichem Grade besitzen.
#vz. 320. Er muß sich den Wohlstand der Kirche, den Unterricht der Ge-
meinde, und die Beförderung eines guten moralischen Verhaltens ihrer sämmt-
lichen Mitglieder, besonders angelegen sein lassen.
§. 321. Die Sorge für die Gebäude und das Vermögen der Kirche hat
er mit den Vorstehern 2) gemein. 8
S. 322. Wenn letztere in ihren Pflichten nachlässig sind, ist er seiner geist-
lichen Behörde davon Anzeige zu machen schuldig.
§. 323. Dagegen sind aber auch die Vorsteher verbunden, eben dieser
Behörde es anzuzeigen, wenn der Pfarrer seine Amtspflichten vernachlässigt,
oder in seinem sittlichen Verhalten zu begründetem Tadel und Aergerniß der
Gemeinde Veranlassungs) giebt.
Wahl des Pfarrers überhaupt.
§. 324. Ob die Wahl des Pfarrers von dem Bischofe, dem Konsistorio,
einem Privatpatrone, oder den Gliedern der Gemeinde abhängt, wird durch
die besondern Verfassungen jeder Provinz und jedes Orts näher bestimmt 0.
§. 325°5). Niemals soll ein Subjekt, welches mit der Gemeinde in Streit
und Feindschaft lebt, oder gegen dessen Grundsätze oder moralisches Verhalten,
die Gemeinde erhebliche Einwendungen hat, derselben zum Pfarrer aufge-
drängt werden.
§. 326. In allen Fällen muß daher das Subjekt, welches zum Pfarrer
bestellt werden soll, der Gemeinde zuvor bekannt gemacht werden.
Insonderheit bei Patronatkirchen.
§. 327. Hat die Pfarrkirche ihren eigenen Patron, so gebührt diesem,
der Regel nach, die Berufung ein es neuen Pfarrers.
§. 328. Auch Patrone können, bei ihrer anzustellenden Auswahl, nur auf
solche Subjekte Rücksicht nehmen, die entweder schon in einem geistlichen Amte
stehen, oder doch als Kandidaten, von den geistlichen Obern ihrer Provinz,
nach angestellter vorläufigen Prüfung, die Erlaubniß zum Predigen er-
halten haben.
§. 329. Das von dem Patrone ausgewählte Subjekt muß der Gemeinde
vorzestell, und zur Haltung einer Probepredigt und Catechisation angewiesen
werden.
§. 330°). Hat der Gewählte schon vorhin in einem geistlichen Amte ge-
1) Bei Gemeinden, wo der Unionsritus eingeführt ist, sollen nur solche Pfarrer,
Diakouen 2c. ernannt werden, die ihren Beitritt zur Union dem Konsistorium der
Provinz schriftlich erklärt haben, Res. 17. Okt. 1822 (A. VI. 887). Vergl. Kab. O.
30. April 1830 (A. XIV 329).
:) Mit dem Gemeindekirchenrath, bezw. Presbyterium und in katholischen Ge-
meinden mit der Gemeindeveitretung bezw. dem Kirchenvorstande, §. 22 K. G. u.
Syn. O. 10. Sept. 1873, §§. 14 und 17 Rheinisch-Westf. K. O. und 8§. 5, 8,
57 Ges. 20. Juni 1875.
2) Vergl §. 14 K. G. u. Syn. O. 10. Sept. 1873 und §. 57 Gesf.
20. Juni 1875.
4) Mit dem Rechte vereinbar ist, daß Jemand mit der kirchlichen Gemeinde an
der Wahl ihres Pfarrers theilnimmt, ohne ihrer Konfesfsion anzugehören, z. B. der
Magistrat als städtische Behörde, Erk. 27. März 1854 * Arch. XII. 293).
Geistliche an Strafanstalten sollen nach 10 jähriger treuer Amtsführung das Recht auf
Versorgung in Stellen landesherrlichen Patronates haben, Res. 26. Sept. 1854 (M.
Bl. S. 198). Vergl. Anm. zu §. 2 auf S. 1372.
5) Die 88. 325, 326 und 329 finden selbstverständlich auf katholische Kirchen
keine Anwendung. #
6) In Betreff der Abänderung der Vorschriften in ö§s. 330—335 vergl. §. 32