Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1822 Abschnitt XI.I. Von dem Pfarrer und dessen Rechten. 
standen, so muß er dennoch, wenn die Gemeinde ihn nicht schon hinlänglich 
kennt, eine Gastpredigt und Catechisation halten. 
§. 331. Der Tag der zu haltenden Probe= und Gastpredigt muß der 
Gemeinde wenigstens vierzehn Tage vorher bekannt gemacht werden . 
6. 0. 332. Sind zwet oder mehrere Kirchen unter einem Pfarrer zusammen 
geschlagen, so muß in jeder eine Probepredigt gehalten werden. 
§. 333. Ob auch in eigentlichen Filialkirchen die Haltung einer Probe- 
predigt nöthig sei, oder ob die Mitglieder einer solchen Tochtergemeinde zu 
deren Anhörung in der Mutterkirche sich einfinden müssen, bleibt der herge- 
brachten Verfassung bei einem jeden Kirchensysteme überlassen. · 
8. 334. Die Gemeinde muß, nach Verlauf von wenigstens Acht Tagen 
mit ihrer Erklärung über das von dem Patrone ausgewählte Subjekt, ver- 
nommen werden. 4 
§. 335. Ist der Kandidat aus einer andern Diözes oder Konsistorialde- 
partement, so kann die Gemeinde eine längere Frist, ebenfalls bis vier Wochen, 
zu ihrer Erklärung verlangen. · 
§. 336. Ist die Gemeinde mit dem Patrone über die Würdigkeit des von 
letzterem ausgewählten Subjekts uneins: so müssen die vorgesetzten geistlichen 
Obern, ohne prozessualische Weitläufigkeiten, über die Erheblichkeit der Ein- 
wendungen entscheiden?). 
§. 337. Wer rechtlich überführt wird, daß er sich durch Bestechungen, 
oder andere unerlaubte Wege, in ein geistliches Amt einzuschleichen gesucht habe, 
wird eines solches Amtes auf immer unfähig. 
§. 338. Auf den bloßen, mit keinen erheblichen Gründen unterstützten 
Waderspruch einzelner Mitglieder der Gemeinde soll keine Rücksicht genommen 
werden. 
§. 339. Wenn aber ein Subjekt wenigstens zwei Drittel der Stimmen 
sämmtlicher Gemeindeglieder gegen sich hat, soll er zu der Pfarrstelle nicht 
anders gelassen werden, als wenn sich bei der Untersuchung findet, daß der 
Widerspruch durch bloße Verhetzungen und Aufwiegeleien veranlaßt wordens). 
§. 340. Ist der Patron dem römisch-katholischen, die Gemeinde aber dem 
rotestantischen Glaubensbekenntnisse zugethan, oder umgekehrt: so muß der 
atron wenigstens drei Subjekte zur Probepredigt zulassen. 
§. 341. Demjenigen unter diesen, welcher bei der Gemeinde, nach der 
Mehrheit der Stimmen derselben, den vorzüglichsten Beifall hat, kann er die 
Vocation nicht versagen. 
§. 342. In diesem sowohl als in allen übrigen Fällen, wo es hergebracht 
ist, daß der Patron der Gemeinde mehrere Subjekte zur Auswahl vorschlage, 
muß die Gemeinde nothwendig eins derselben wählen, in so fern sie nicht allen 
Dreien erhebliche Einwendungen nach Vorschrift §§. 319, 325, 328, 337 ent- 
gegensetzen kann. 
§. 343. Eben dies findet, im umgekehrten Falle, in Ansehung des Patrons 
statt, wenn nach wohlhergebrachter Verfassung demselben mehrere Subjekte zur 
Auswahl von der Gemeinde vorgeschlagen werden. 
§. 344. Nehmen mehrere Patrone mit gleichem Rechte an Besetzung der 
Pfarren Theil, so entscheidet, wenn sie sich nicht vereinigen können, die Mehr- 
heit der Stimmen. 
§. 345. Ist keine überwiegende Mehrheit der Stimmen vorhanden: so 
müssen die geistlichen Obern den Patronen aufgeben, sich binnen einer ge- 
wissen nach den Umständen zu bestimmenden Frist, über ein vorzuschlagendes 
Subjekt zu vereinigen. 
  
Zu Anmerkung 6 auf S. 1321. 
K. G. u. Syn. O. 1873 und Ges. 15. März 1886 (K. G. u. Vd. Bl. S. 39) 
weiter unten. | 
4) Die Nichtbeobachtung der Frist macht die vom Patrone getroffene Wahl nicht 
ungültig, Res. Ev. O K. 14. Juli 1857 (Aktenstücke II. 204). 
:) Bergl. §. 55 Nr. 10 der K. G. u. Syn DO. 10. Sept. 1873. 
) Bergl. §. 55 Nr. 11 der K. G. u. Syn O. 10. Sept. 1873.
	        
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