Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1354 Abschnitt XLI. Kirchenbauten. 
Falle, ohne Unterschied die nöthigen Hand- und Spanndienste unent— 
geltlich:) leisten. 
§. 715. Die Vertheilung der Hand= und Spanndienste unter die Einge- 
pfarrten?) muß nach eben dem Verhältnisse geschehen, wie bei Gemeindediensten 
(Tit. 7 S§. 37 sqq.). 
§. 716. Eingepfarrte:), welche nicht zu der Gemeinde des Dorfs, wo die 
Kirche liegt, gehören, oder aus irgend einem Grunde von den Gemeindediensten 
frei"4) sind, müssen dennoch zu den Hand= und Spanndiensten bei Kirchenbauen 
und Reparaturen beitragen. 
§. 717. Ihr Verhältniß dabei wird, in Ansehung der Handdienste, nach 
der Zahl der Familien, sowie in Ansehung der Spanndienste, nach dem auf 
ihren Stellen angeschlagenen oder gewöhnlich gehaltenen Gespanne) bestimmt. 
§. 718. Zu unentgeltlicher Leistung von Arbeiten, welche kunst= und hand- 
werksmäßige Kenntniß erfordern, ist auch bei Kirchenbauen und Reparaturen 
kein Eingepfarrter verpflichtet. 
§. 719. Bei Stadtkirchen") werden die erforderlichen Hand- und 
Spanndienste zu den übrigen Kosten geschlagen. 
§. 720. Ist das Kirchenvermögen zur Bestreitung der Kosten, ganz oder 
zum Theil nicht hinreichend: so muß der Ausfall von dem Patron?) und den 
Eingepfarrten gemeinschaftlich ) getragen werden. 
  
1) D. h. wenn nicht eine entgegengesetzte Observanz nachgewiesen ist, Erk. 
O. Trib. 21. Sept. 1854 (Str. Arch. XV. 21). Der S§. 710 soricht nicht bloß 
von baaren Geldkosten, sondern von Bau= und Unterhaltungskosten allgemein, 
dazu gehören aber auch die Berwendungen für Anfuhr und Materialien. Es schließt 
daher dieser Paragraph ein Aufbringen solcher Kosten nach Maßgabe einer ununter- 
brochenen Gewohnheit nicht aus. Der §. 714, wonach die Eingepfarrten bei Land- 
kirchen die Hand= und Spanndienste unentgeltlich leisten, gehört zur Reihe derjenigen 
Bestimmungen, welche nach §. 711 alsdann eintreten, wenn es an besonderen durch 
ununterbrochene Gewohnheiten 2c. bestimmten Regeln fehlt. Es können also auch die 
Kosten der sonst den Eingepfarrten obliegenden Hand-- und Spanndienste, durch Ob- 
servanz, dem Patron zur Last fallen, Erk. O. Trib 30. April 1848 (E. XVI. 368). 
Ob die Hand- oder Spanndienste in Geld oder in natura geleistet werden, ist 
gleichgültig, Res. 28. Mai 1866 und 30. Jan. 1867 (C. Bl. U. B. 1866 S. 430 
und 1867 S. 252). , 
2) Hierunter wird die Kirchengemeinde als solche verstanden (§§. 731 und 737); 
die Vertheilung auf die einzelnen Mitglieder ist eine innere Angelegenheit, Erk. O. 
Tiib. 22. Mai 1857 (E. XXXVI. 307). 
2) Forensen find also frei (§ 260 oben und Präj. O. Trib. 148 23. Jan. 1837), 
wenn nicht eine anderweite Observanz vorhanden ist, Erk. O. Trib. 5. April 1861 
(E. XIV. 289). Was von Forensen gilt, das gilt auch vom Fiskus, Res. 18. Jan. 
1822 (A. V. 114), vergl. Res. 20 Dez. 1823 (A. VII. 841), aber nicht von Juden, 
die die nach Maßgabe des Grundbesitzes aufzubringenden Parochial- und Kirchenbau- 
lasten tragen müssen, §. 3 Ges. 23. Juli 1847 (G. S. S. 263), Erk. O. Trib. 
21. Nov. 1859 (E. XLlI. 461) und 13. Juli 1860 (E. XLIII. 301). Vergl. Anm. 
zu §. 261. Der Pfarrer gehört nicht zu den Eingepfarrten, Erk O. Trib. XXXVI. 
305, LXIX. 125. Er ist zu dergleichen Lasten nicht mit heranzuziehen, Erk. O. Trib. 
21. März 1873 (Strieth. Arch. LXXXVIII. 299). 
4) Die Steuerfreiheit der vormals reichsunmittelbaren Standesherren erstreckt 
sich nicht auf persönliche Kirchen= und Schulabgaben, Erk. O. Trib. 18. Jauni 1877 
(E LXXX. 135). 
5) Werden Kühe als Zugvieh benutzt, so läßt sich der Ausdruck „Gespann“ auch 
auf sie anwenden, Erk. O. Trib. 5. Febr. 1864 (L.III. 103) 
") Das Allgemeine Landrecht (§. 740 II. 11) kennt nur Stadt- oder Land- 
kirchen; über ihre Eigenschaft entscheidet lediglich ihre Lage, nicht die Eigenschaft der 
dazu eingepfarrten Stadt= und Landbewohner und dementsprechend ist auch bei der 
Vertheilung der Kirchen- und Pfarrbaulast unter die städtischen und ländlichen Ein- 
gepfarrten lediglich von deren Eigenschaft als einer Stadt= oder einer Landkirche, 
nicht aber einer gemischten Stadt= und Landkirche auszugehen, Erk O. Trib. 25. April 
1873 (E. LXIX. 202). 
7) Hat eine Stadt das Patronatsrecht, so müssen zu den aus letzterem fließenden
	        
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