1460 Abschnitt XLI. Sterbe- und Gnadenzeit bei Pfarrkirchen.
die Erhebung durch einen gemeinsamen Vertreter. Bis die Bestellung eines solchen
seitens der Nächstbetheiligten bewirkt ist, kann das Konsistorium eine einstweilige Ver-
tretung anordnen. In diesem Falle werden Einwendungen über die Verwendung der
Bezüge durch das Konsistorium entschieden.
§. 4. Die Geschäfte der erledigten Stelle werden während der Sterbe= und
Gnadenzeit, sofern ihre Verwaltung nicht durch feststehende örtliche Einrichtungen ge-
nügend gefichert ist, nach der Bestimmung des Superintendenten durch die Diözesan-
geistlichen und aushülfsweise durch die in der Diözese wohnenden Kandidaten, nöthigen-
falls auch durch Heranziehung von Geistlichen der Nachbardiözese mit Zustimmung
des betreffenden Superintendenten, unentgeltlich versehen.
Die zum Bezug der Stelleneinkünfte Berechtigten haben auf ihre Kosten den
Bertretern Beherbergung und Beköstigung, auch die nöthigen Fuhren — soweit diese
nicht nach örtlichem Rechte durch andere Berpflichtete gestellt werden — zu gewähren
und, falls dies nicht durch Naturalleistung geschieht, die ihnen entstandenen noth-
wendigen Auslagen zu ersetzen. Ueber die Art der Leistung und den Betrag der Aus-
lageentschädigung entscheidet in Ermangelung einer Einigung der Betheiligten der
Superintendent!).
§. 5. Die niederen Kirchenbeamten im Bezirke des erledigten geistlichen Amts
find verpflichtet, zur Versehung des letzteren nach Bestimmung des Superintendenten
jede ihrer Stellung entsprechende Aushülfe zu leisten. Soweit es billig erscheint, ist
ihnen dafür eine vom Superintendenten festzusetzende mäßige Vergütung von Seiten
der zum Bezuge der Stelleneinkünfte Berechtigten zu gewähren.
§. 6. Sieht sich das Konsistorium durch die Umstände veranlaßt, für die Ver-
waltung des erledigten geistlichen Amts einen besonderen Vertreter am Ort zu be-
stellen, so ist dasselbe in Ermangelung anderer Mittel befugt, den zum Bezuge der
Stelleneinkünfte Berechtigten die Verpflichtung aufzuerlegen, entweder dem Vertreter
Wohnung, Beköstigung, Heizung und Licht, sowie die nothwendige Bedienung un-
entgeltlich zu gewähren oder einen angemessenen Beitrag zu den Kosten der Vertretung
u leisten.
Dieser Beitrag darf, abgesehen von den zu überweisenden etwa vorhandenen
Dienstaufwandsgeldern, ein Viertel des bei dem Pensionsfonds der Landeskirche an-
erkannten bisherigen Diensteinkommens nach Abzug des Wohnungswerths — auf die
Daner der Vertretung berechnet — nicht übersteigen. In dieses Biertel find die
Beiträge zum Pensions= und Wittwen= und Waisenfonds mit einzurechnen.
Trifft das Konsistorinm Anordnungen über die unmittelbare Entnahme der in
den Fällen S§. 4 bis 6 von den Nutzungsberechtigten zu leistenden Baarbeträge aus.
dem Pfarreinkommen, so sind dieselben für die Betheiligten maßgebend.
#s. 7. Vorstehende Bestimmungen finden, sofern nicht ein Anderes mit dem
Stelleninhaber oder seinem Amtsnachfolger vereinbart wird, auf die Hinterbliebenen
solcher zur Zeit des Inkrafttretens der neuen Ordnung bereits festangestellten Geist-
lichen, welche in ihrem gegenwärtigen Amte sterben, überall da keine Anwendung,
wo die Sterbe= und Gnadenzeit zusammen nach dem bisherigen Rechte die Daner
von acht Monaten übersteigt. #
Auch bleiben, falls nicht anderweite Vereinbarung stattfindet, die durch das bis-
herige Recht etwa begründeten Ansprüche auf eine Sterbe- und Gnadenzeit hinsichtlich
eines aus der Pfründe zu leistenden Ruhegehalts zu Gunsten der Hinterbliebenen
bereits emeritirter oder in ihrem gegenwärtigen Amte künftig zur Emeritirung ge-
langender Geistlichen unberührt. Z v
#§. 8. Die Provinzen Westfalen und Rheinprovinz bleiben von den Vorschriften
dieses Gesetzes zunächst ausgenommen. Die Einführung des Gesetzes erfolgt in diesen
Provinzen, sobald dessen Annahme von beiden Provinzial-Synoden oder von einer der-
selben beschlossen wird, durch kirchliche, vom Landesherrn zu erlassende Verordnung,
welche in der dem §. 6 der Generalsynodal-Ordnung entsprechenden Form zu ver-
künden ist?).
1) Art. 2 Staatsges. 8. März 1893 (G. S. S. 21): In den Fällen der §#§. 4
bis 6 des Kirchengesetzes, betr. die Sterbe= und Gnadenzeit bei Pfarrstellen, findet
gegen die Anordnungen der kirchlichen Behörden der Rechtsweg nicht statt.
:) Zufolge Bd. 8. März 1893 (Kirchl. G. Bl. S. 4) ist dies Kirchenges. am
1. April 1893 in der Provinz Westfalen und in der Rheinprovinz in Kraft getreten.