Abschnitt XLI. Dienstvergehen der Kirchenbeamten. 1477
Der Angeschuldigte erhält in beiden Fällen Ausfertigung des mit Gründen zu
unterstützenden Beschlusses.
Das eingestellte Disziplinarverfahren kann wegen der nämlichen Anschuldigungs-
aunte nur auf Grund neuer Thatsachen oder Beweismittel wieder aufgenommen
erden.
Ist eine Ordnungsstrafe verhängt, so findet eine Wiederaufnahme des Diszipli-
narverfahrens nicht statt.
5. 27. Wird das Verfahren nicht in Gemäßheit des §. 26 Abs. 1 erledigt, so
wird der Angeschuldigte unter abschriftlicher Mittheilung der Anklageschrift zu einer
von dem Vorsitzenden des Konfistoriums anzuberaumenden Sitzung zur Hauptver-
haudlung vorgeladen.
Der Angeschuldigte kann sich dabei des Beistandes eines Rechtsanwalts als Ver-
theidigers bedienen.
Dem letzteren ist Einsicht der Untersuchungsakten zu gestatten.
§. 28. Die Hauptverhandlung ist nicht öffentlich.
In derselben giebt zuerst ein vom Vorsitzenden der Behörde aus der Zahl ihrer
itglieder ernannter Berichterstatter eine Darstellung der Sache, wie sie aus den bis-
erigen Verhandlungen hervorgeht.
Hiierauf erfolgt die Bernehmung des Angeschuldigten, sowie die Vernehmung der-
lenigen Zeugen und Sachverständigen, deren Ladung zur Hauptverhandlung vom Kon-
fistorium für erforderlich erachtet ist.
Zum Schlusse werden der Vertreter der Anklage sowie der Angeschuldigte und
sein Vertheidiger mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört.
Dem Angeschuldigten gebührt das letzte Wort.
§. 29. Das Konsistorium kann auf Antrag oder von Amtswegen die Ver-
nehmung von Zeugen, sei es durch einen Kommissar oder vor der Behörde selbst,
sowie die Herbeischaffung anderer Beweismittel anordnen.
Es beschließt über die Aussetzung der Hauptverhandlung, wenn es eine solche
behufs weiterer Aufklärung der Sache oder beim Hervortreten erschwerender neuer
Thatumstände oder rechtlicher Gesichtspunkte für angemessen erachtet.
§. 30. Die Hauptverhandlung findet statt, auch wenn der Angeschuldigte nicht
erschienen ist.
Derselbe kann sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.
Dem Konsistorium steht es jedoch jeder Zeit zu, das persönliche Erscheinen des
Angeschuldigten unter der Warnung anzuordnen, daß bei seinem Ausbleiben ein Ver-
treter nicht werde zugelassen werden.
§. 31. Bei der Entscheidung hat das Konsistorium nach seiner freien, aus dem
Inbegriff der Verhandlungen geschöpften Ueberzeugung zu beurtheilen, in wie weit die
Anschuldigung für begründet zu erachten ist.
Ist die Anschuldigung nicht begründet, so wird der Angeschuldigte freigesprochen.
Ist die Anschuldigung begründet, so kann die Entscheidung auch auf eine bloße
Ordnungsstrafe lauten. -
Die Entscheidung wird am Schlusse der Hauptverhandlung verkündet.
Eine Ausfertigung der mit Gründen versehenen Entscheidung ist dem Ange-
schuldigten von Amtswegen zuzustellen.
§. 32. Ueber die Hauptverhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen und von dem
Borsitzenden und dem Protokollführer zu unterschreiben.
Dasselbe muß die Namen der Anwesenden und die wesentlichen Momente der
Hauptverhandlung enthalten.
§. 33. Gegen die Entscheidung des Konsistoriums steht die Berufung an den
Evangelischen Ober-Kirchenrath sowohl dem Verteter der Anklage als dem Ange-
schuldigten offen.
§. 34. Eine Theilnahme des General-Synodal-Borstandes an der Erledigung
der Disziplinarsachen durch den Evangelischen Ober-Kirchenrath erfolgt in Gemäßheit
der Vorschriften des §. 36 der Gen.-Syn. O. vom 20. Jannar 1876 (G. S. S. 7)
mit der Maßgabe, daß sie auch bei der Beschlußfassung über Einleitung des Ver-
fahrens gegen einen Kirchenbeamten wegen Irrlehre insbesondere über einen bezüg-
lichen Antrag eines Konsistoriums erfolgen muß.