Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1518 Abschnitt XLI. Vorbildung u. Anstellung der Geistlichen. 
Innerhalb dreißig Tagen nach der Benennung kann Einspruch gegen die An- 
stellung erhoben werden. 
Die Erhebung des Einspruchs steht dem Oberpräsidenten zu. 
Art. 1 Ges. 11. Juli 1883: Die Verpflichtung der geistlichen Obern zur 
Benennung des Kandidaten für ein geistliches Amt, sowie das Einspruchsrecht 
des Staates werden aufgehoben: 
. für die Uebertragung von Seelsorgeämtern, deren Inhaber unbedingt 
abberufen werden dürfen, 
2. für die Anordnung einer Hlfsleistung oder einer Stellvertretung in 
einem geistlichen Amte, sofern letztere nicht in der Bestellung des 
Verwesers eines Pfarramts (Administrators, Provisors etc.) besteht. 
Art. 2 Ges. 29. April 1887 (G. S. S. 127): Die Gesetze vom 11. Mai 1873 
(G. S. S. 191) und vom 11. Juli 1883 (G. S. S. 109) werden wie folgt ab- 
geändert; 
5. 1. Die Verpflichtung der geistlichen Obern zur Benennung des Kan- 
didaten für ein geistliches Amt, sowie das Einspruchsrecht des Staates werden 
für die Bestellung des Verwesers eines Pfarramts (Administrators, Provisors erc.) 
aufgehoben. Das Einspruchsrecht gilt fortan nur für die dauernde Ueber- 
tragung eines Pfarramts ?. 
. 16. Der Einspruch ist zulässig: 
1. wenn dem Anzustellenden die gesetzlichen Erfordernisse zur Bekleidung des 
geistlichen Amtes fehlen, 
2. wenn der Anzustellende aus einem auf Thatsachen beruhenden Grunde, 
welcher dem bürgerlichen oder staatsbürgerlichen Gebiete angehört, für 
die Stelle nicht geeignet ist. 
Die Thatsachen, welche den Einspruch begründen, sind anzugeben?). 
3. — — — 
§. 17. Die Uebertragung eines geistlichen Amtes, welche der Borschrift des §. 1 
zuwiderläuft, oder welche vor Ablauf der im §. 15 für die Erhebung des Einspruchs 
gewährten Frist erfolgt, gilt als nicht geschehen. 
§. 19. Die Errichtung von Seelsorgeämter, deren Inhaber unbedingt abgerufen 
res dürfen, ist nur mit Genehmigung des Ministers der geistlichen Angelegenheiten 
ulässig ). — — — 
§. 20. Anordnungen oder Vereinbarungen, welche die durch das Gesetz be- 
gründete Klagbarkeit der aus dem geistlichen Amtsverhältnisse entspringenden ver- 
mögensrechtlichen Ansprüche ausschließen oder beschränken, find nur mit Genehmigung 
der Staatsbehörde zulässig. 
§. 21. Die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe, die Aberkennung der bürgerlichen 
Ehrenrechte und der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter hat!) — — — die 
  
1) Dagegen ist die Anzeigepflicht für alle Aemter bestehen geblieben, die keine 
Pfarrämter sind. Nach Rintelen, Kirchenpolitische Gesetze 1887 S. 28, bestebt fie 
außer für die Pfarrer noch für die selbstbepfründeten Bikare. Unentschieden geblieben 
ist die Frage der Anzeigepflicht und des Einspruchsrechts hinsichtlich der sog. Sukkursal- 
pfarrereien franz. Rechts, vergl. Hinschius, Nov. von 1887 S. 9. Die kirchliche 
Verleihung der Aemter eines Dechanten, Erzpriesters, Dekans, Oberpfarrers, Probstes 
u. s. w. fällt nach Rintelen a. a. O. weder unter die Anzeigepflicht, noch unter das 
Einspruchsrecht. Eine Anzeige von einer bereits stattgehabten Uebertragung genügt 
nicht, O. R. XV. 264, 347; ebensowenig eine Mittheilung von der beabsichtigten 
Anstellung an den Oberpräfidenten als Borsitzenden des Provinzial-Schulkollegiums, 
O. R. XV. 718. 6 
2) Art. 2 s. 2 Ges. 29. April 1887 (G. S. S. 127). 
2) Rintelen a. a. O. S. 29 hält die Geltung von §. 19 Abs. 1 für zweifelhaft, 
da durch Art. 1 Ges. 11. Juli 1883 für die Uebertragung solcher Seelsorgeämter 
Anzeigepflicht und Einspruchsrecht aufgehoben seien. Anderer Meinung Hinschius, 
Novelle von 1887 S. 31. Daß §. 19 Abs. 1 für die Neuerrichtung solcher Aemter 
Geltung fortbehalten hat, ist zweifellos. 
64) Die früher noch eintretende Erledigung der Stelle als Folge von Verurtheilungen 
gemäß §. 21 ist durch Art. 2 S. 4 Ges. 29. April 1887 aufgehoben.
	        
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