Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1522 Abschnitt XLI. Kirchliche Disziplinargewalt. 
III. Einschreiten des Staats ohne Berufung. 
§. 241). Kirchendiener, welche die auf ihr Amt oder ihre geistlichen Amtsver- 
richtungen bezüglichen Vorschriften der Staatsgesetze oder die in dieser Hinsicht von 
der Obrigkeit innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit getroffenen Anordnungen so 
schwer verletzen, daß ihr Berbleiben im Amte mit der öffentlichen Ordnung unver- 
träglich erscheint, können auf Antrag der Staatsbehörde durch gerichtliches Urtheil 
aus ihrem Amte entlassen werden. 
Die Entlassung aus dem Amte hat die rechtliche Unfähigkeit zur Ausübung des 
Amtes, den Verlust des Amtseinkommens und die Erledigung der Stelle zur Folge. 
Art 1 Ges. 14. Juli 1880. In den Fällen des §. 24 im Gesetz vom 
12. Mai 1873 — — — ist gegen Kirchendiener fortan auf Unfähigkeit zur 
Bekleidung ihres Amts zu erkennen. 
Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung des Amts hat den Verlust 
des Amtseinkommens zur Folge. 
Ist auf Unfähigkeit zur Bekleidung des Amts erkannt, so finden die Vor- 
schriften des Gesetzes vom 20. Mai 1874, des s. 31 im Gesetz vom 12 Mai 
187 — — entsprechende Anwendung. 
Art. 2 Ges. 31. Mai 1882. Har der König einen Bischof, gegen welchen 
auf Grund der SS. 24 ff des Gesetzes vom 12. Mai 1873 durch gerichtliches 
Urtheil auf Entlassung aus seinem Amte erkannt ist, begnadigt, so gilt der- 
selbe wieder als staatlich anerkannter BbBischof seiner Diözese. 
In sonstigen Fällen, in welchen auf Grund der SS. 24 ff. des Gesetzes vom 
12. Mai 1873 — — — auf Entlassung aus dem Amte erkannt ist, werden die 
Folgen der ergangenen Erkenntnisse auf die Unfähigkeit zur Bekleidung des 
Amtes und die im Artikel 1 Absatz 2 und 3 des Gesetzes vom 14. Juli 1880 
aufgeführten Folgen beschränkt, insofern nicht inzwischen eine Wiederbesetzung 
der Stelle erfolgt ist. 
§. 81. Kirchendiener, welche Amtshandlungen vornehmen, nachdem sie in Ge- 
mäßheit des 8. 30 aus ihrem Amte entlassen worden sind, werden mit Geldbuße 
bis zu 100 Thalern, im Wiederholungsfalle bis zu 1000 Thalern bestraft. 
Art. 15 Ges. 21. Mai 1886. Das Lesen stiller Messen und das Spenden 
der Sterbesacramente unterliegt nicht den Strafbestimmungen der Gesetze 
vom — — — 12. Mai 1873 — — — 
IV. Königlicher Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten:). 
V. Schlußbestimmung. 
..38. Das Erforderwviß staatlicher Bestätigung kirchlicher Disziplinarentscheidungen 
und der Rekurs wegen Mißbrauchs der kirchlichen Disziplinarstrafgewalt an den Staat 
treten, soweit solche im bisherigen Rechte begründet find, außer Kraft. 
  
Eesetz über die Grenzen des Rechts zum Gebrauche kirchlicher 
Straf- und Zuchtmittel. 
Vom 13. Mai 1873 (G. S. S. 205)2. 
§. 1. Keine Kirche oder Religionsgesellschaft ist befugt, andere Straf- 
oder Zuchtmittel anzudrohen, zu verhängen oder zu verkünden, als solche, 
  
1) §. 24 ist nicht aufgehoben, aber nach Beseitigung des Gerichtshofes für kirch- 
liche Angelegenheiten thatsächlich veraltet, da diese Zuständigkeit dieser Gerichtsbarkeit 
bisher durch Landesgesetz den ordentlichen Gerichten nicht übertragen ist. Vergl. 
RKintelen a. a. O. S. 35. 
:) Aufgehoben durch Art. 9 Ges. 21. Mai 1886. 
:) Die §5. 2—6, enthaltend Strafoerbote über Zuwiderhandlungen gegen §. 1 
sind durch Art. 4 Ges. 29. April 1887 aufgehoben. Damit ist das ganze Gesetz 
bedeutungslos geworden. Dagegen gelten noch jetzt die Bestimmungen in A. 2. N. II. 
11 §s§s. 426—429, 434.
	        
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