1530 Abschnitt XII. Vermögensverwaltung d. kathol. Kirchengemeinden.
oder Pflegschaft stehen, oder welche im letzten Jahre vor der Wahl armuthshalber
aus öffentlichen Mitteln Unterstützung erhalten oder Erlaß der kirchlichen Beiträge
genossen haben.
§. 26. Von der Ausübung des Wahlrechts find ausgeschloffen diejenigen:
1. welche nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sich befinden;
2. welche wegen eines Berbrechens oder wegen eines solchen Vergehens, welches
die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte nach sich ziehen kann, in Unter-
suchung 1) sich befinden; v
3. welche im Konkurse sich befinden;
4. welche mit der Bezahlung kirchlicher Umlagen über ein Jahr im Rück-
stande sind.
§. 27. Wählbar sind die wahlberechtigten Mitglieder der Gemeinde, welche das
dreißigste Lebensjahr vollendet baben, sofern sie nicht nach §. 26 von der Ausübung
des Wahlrechts ausgeschlossen sind.
#§. 28. Geistliche und andere Kirchendiener :) gehören nicht zu den wahlberechtigten
und wählbaren Mitgliedern der Gemeinde.
§. 29 Niemand kann zugleich Mitglied des Kirchenvorstandes und der Gemeinde-
vertretung sein 2).
§. 30. Das Wahlverfahren bestimmt sich nach der beiliegenden Wahl-Ordnung.
§. 31. Die Kirchenvorsteher und Gemeindeverweter sind in ihr Amt einzuführen
und auf treue Erfüllung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten?).
§. 32. Die Gewählten können das Amt eines Kirchenvorstehers oder eines Ge-
meindevertreters nur ablehnen oder niederlegen:
1. wenn sie das sechzigste Lebensjahr vollendet, oder
2. schon sechs Jahre das Amt bekleidet haben, oder
3. wenn andere erhebliche Entischuldigungsgründe vorliegen, z. B. Kränklichkeit,
häufige Abwesenheit, oder Dienstverhältnisse, welche mit dem Amte unverein-
bar finds).
Ueber die Erheblichkeit und thatsächliche Richtigkeit entscheidet der Kirchenvorstand
und auf eingelegte Berufung, für welche von Zustellung der Entscheidung an eine
Ausschlußfrist von zwei Wochen läuft, die bischöfliche Behörde im Einvernehmen mit
dem Regierungspräsidenten?").
Wer ohne solchen Grund die Uebernahme oder die Fortführung des Amts ver-
weigert, verliert das durch dieses Gesetz begründete kirchliche Wahlrecht. Dasselbe
kann ihm auf sein Gesuch von dem Kirchenvorstande wieder beigelegt werden.
§. 33. Das Amt der gewählten Kirchenvorsteher und der Gemeindevertreter
dauert sechs Jahre.
1) Das Hauptverfahren muß eröffnet sein, Koch, A. L. R. IV. 416 Anm. 73
und Str. P. O F. 201.
:) Küster, Organisten, Kantoren, Kalkanten, Todtengräber, auch Altaristen, Res.
2. Juni 1876, G. II. 1730, Sendschöffen, Res. 15. Jan. 1878, G. II. 3268, sog.
Kirchenväter, Res. 8. Nov. 1875, G. II. 2818; Rendamen der Kirchenkassen, Res.
2. April 1894, G. 11. 237. #
Ein Lehrer, der in einer beuachbarten Gemeinde Organist ist, unterliegt in
seiuer Pfarrgemeinde nicht den Beschränkungen des §. 28, Res. 28. Mai 1885, G.
1540.
2) Auch nicht der Pfarrgemeinde und einer Filialgemeinde, für die besonderk
Verwaltungsorgane bestehen, Res. 23. März 1876, G. II. 99.
4) Gemäß Gesch. Anw. §. 42 durch den Vorsitzenden in der ersten Sitzung
mittels Handschlages an Eidesstatt.
Der kirchlichen Anordnung, daß die Einführung und Berpflichtung durch den
Pfarrer als Vorsitzenden in der Kirche zu geschehen habe, steht ein gesetzliches Hinderniß
nicht entgegen. Unter Umständen kann ein solcher Akt den Charakter einer „gottes-
dienstlichen Berrichtung“ im Sinne des §. 167 R. Str. G. B. annehmen, CE. Crim.
XXIII. 199.
*) So kann ein Gemeindevertreter sein Amt niederlegen, um das eines Kirchen-
vorstehers zu übernehmen, Res. 22. Okt. 1887, G. II. 3876.
“) Im Falle einer Meinungsverschiedenheit der Oberpräfident, §. 43 Abf. 3.