Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XLI. Vermögensverwaltung d. kathol. Kirchengemeinden. 1533 
hat, muß die um ihre Zustimmung angegangene Behörde sich binnen dreißig Tagen 
nach dem Empfange der Aufforderung erklären. Erklärt sie sich nicht, so gilt sie als 
zustimmend. 
Bei erhobenem Widerspruch entscheidet in allen Fällen über Meinungsverschieden- 
heiten zwischen der bischöflichen Behörde und dem Regierungspräfidenten der Ober- 
präsfident, über Meinungsverschiedenheiten zwischen diesem und der bischöflichen Behörde 
der Minester der geistlichen Angelegenheiten. - 
§. 44. In den getroffenen Anordnungen ist erkennbar zu machen, ob das Ein- 
vernehmen erreicht oder ob die Zustimmung wegen Verabsäumung der Frist für er- 
theilt zu erachten oder ob die Entscheidung in Folge erhobenen Widerspruchs getroffen ist. 
§. 45. Weigert sich ein Kirchenvorsteher, sein Amt zu übernehmen oder auszu- 
üben, so ist eine Neuwahl anzuordnen. 
Weigert sich auch der neu gewählte Kirchenvorsteher, sein Amt zu übernehmen 
oder auszuüben, so ist der Regierungspräsident befugt, den Kirchenvorsteher aus den 
wählbaren Mitgliedern der Gemeinde zu bestellen. " 
§. 46. Kommt die Wahl der Kirchenvorsteher überhaupt nicht zu Stande oder 
weigert sich die Mehrzahl der gewählten Kirchenvorsteher, ihr Amt zu übernehmen 
oder auszuüben, oder muß der nach erfolgter Auflösung neu gewählte Kirchenvorstand 
aufgelöst werden, so ist der Regierungspräsident befugt, eine kommissarische Besorgung 
der kirchlichen Bermögensangelegenheiten unter sinngemäßer Anwendung der 88. 9 
bis 11 des Ges. vom 20. Mai 1874 1) anzuordnen?). 
Kommt die Wahl der Gemeindevertretung nicht zu Stande oder weigert sich 
die Mehrzahl der Gemeindevertretung, ihr Amt zu übernehmen oder auszuüben, oder 
muß die nach erfolgter Auflösung neu gewählte Gemeindevertretung aufgelöst werden, 
so ist der Regierungspräfident befugt, sowohl die Geschäfte des Kirchenvorstandes, als 
auch die der Gemeindevertretung kommissarisch besorgen zu lassen?). 
VIII. Aufsichtsrechte. 
§. 47. Die gesetzlichen Verwaltungsnormen")) werden durch dieses Gesetz nicht 
erührt. - « · 
hDie denvorgesehtenkirchenbehördengesetzlichzustehendeuRechteder-Aufsichts) 
HundderEinwilligungzubestimmtenHandlungenVder-Verwaltungwerdenmitden 
in den nachfolgenden Bestimmungen enthaltenen Einschränkungen geübt?). « 
§. 48. Macht die vorgesetzte Kirchenbehörde von den ihr gesetzlich zustehenden 
Rechten der Aufficht oder der Einwilligung zu bestimmten Handlungen der Verwaltung 
keinen Gebrauch, so ist sie zur Ausübung derselben von der staatlichen Aufsichtsbehördes) 
aufzufordern. Leistet sie dieser Aufforderung binnen dreißig Tagen nach dem Empfange 
derselben keine Folge, so geht die Ausübung der Befugnisse auf die staatliche Aufsichts- 
behörde über. ·· " · 
§. 49 Gegen Verfügungen der vorgesetzten Kirchenbehörde, durch welche die 
Einwilligung zu bestimmten Handlungen der Verwaltung versagt wird, steht dem 
Kirchenvorstande die Berufung an den Oberpräsidenten?) zu, welcher endgültig entscheidet. 
  
1) Diese §#. 9—11 find aufgehoben, werden jedoch an dieser Stelle sinngemäße 
Anwendung zu sinden haben. · . ·" 
2) Eine Gemeindevertretung muß aber gebildet werden, Koch, A. L. R. IV. 421 
Anm. 4. « · 
2) Und zwar durch einen und denselben Kommissar, das. Anm. 6. 
4) D. s. Vorschriften über den Inhalt der Verwaltungsbefugnisse und über die 
Art der Verwaltung, nicht aber rein formelle Bestimmungen über die Geschäftsführung 
und die Geschäftsverbindung zwischen den einzelnen Organen, E. O. B. V. 171. 
5) Z. B. gemäß A. L. N. II. 11 §§. 114, 115, 167—169, 217, 695—698. 
6) A. L. R. II. 11 8§. 180, 181, 220; Anh. §. 126 zu §. 222; §§. 227, 626, 
638—642, 645, 648, 662, 673, 677, 680, 687, 702—704, 706, 707, 830. 
0 Das Recht, gegen die Vorsitzenden oder Mitglieder der Kirchenvorstände Ord- 
nungsstrafen festzusetzen, steht den Bischöfen nach gegenwärtiger Lage der Gesetzgebung 
nicht zu, Res. 10. Jan. 1877, G. II 3635. Auch zur Erhebung des Konfliktes und 
Kompetenzkonfliktes sind sie nicht berechtigt, E. O. V. VIII. 390, 401; XIX. 420. 
1- 8) Das ist der Regierungspräsident gemäß §. 55 und Vd. 30. Jan. 1393 (G. 
S. S. 13) Art. I. 3. 
*!) In Hohenzollern an den Regierungspräsidenten, Res. 9. Okt. 1875, G. II. 2605.
	        
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